Beobachtungsmission im Mittelmeer: Flüchtlingshelfer festgesetzt

Die Mare Liberum beobachtet die Menschenrechtssituation auf Fluchtwegen im Mittelmeer. Nun wird ihre Arbeit aus Deutschland behindert.

Ein Schiff der Mare Liberum schwimmt auf dem Meer

Vom Schiff aus beobachteten wechselnde Besetzungen die menschenrechtliche Situation in der Ägäis Foto: Mare Liberum

Wieder wird ein Schiff von Flüchtlingshelfern im Mittelmeer am Auslaufen gehindert. Diesmal betrifft es den in Berlin ansässigen Verein Mare Liberum. Dessen gleichnamiges Schiff ist seit dem vergangenen Jahr in der Ägäis unterwegs, die Besatzung beobachtet die Menschenrechtssituation auf der gefährlichen Fluchtroute zwischen der Türkei und Griechenland. Rettungseinsätze führt sie nicht durch. Die neue Mission sollte am 25. April vom Hafen Skala Loutron auf der griechischen Insel Lesbos starten. Doch das untersagte die Berufsgenossenschaft für Verkehrswirtschaft.

In der der taz vorliegenden „Festhalteverfügung“ heißt es, die Mare Liberum verfüge über kein gültiges Schiffssicherheitszeugnis. Ein solches Zeugnis ist für Frachtschiffe vorgeschrieben – und um ein solches handele es sich bei der „zur Beteiligung an der Rettung von Flüchtlingen genutzten“ Mare Liberum, so die Berufsgenossenschaft. Das Schiff sei „nicht für Freizeitzwecke gebaut worden“ und könne deshalb nicht als Sport- und Freizeitboot registriert werden, wie der Verein es bislang getan hatte. Für Freizeitboote ist kein solches Sicherheitszeugnis nötig.

Der Verein weist zurück, dass es sich bei der Mare Liberum um ein Rettungsschiff handelt, das in dieselbe Kategorie wie gewerbliche Frachter einzustufen sei. „Unsere Beobachtungsmission soll aus politischem Willen mit vorgeschobenen Argumenten verhindert werden,“ sagt Mare-Liberum-Vorstand Hanno Bruchmann der taz. Als Sport- und Freizeitboote würden sehr wohl auch umgebaute Fischkutter laufen, etwa jene, auf denen Journalisten Regatten wie die „Kieler Woche“ beobachten.

Von der Mare Liberum aus beobachteten wechselnde Besetzungen ohne Bezahlung in ihrer Freizeit die menschenrechtliche Situation in der Ägäis, sagt Bruchmann. Offizielle Stellen sollten dadurch angehalten werden, Flüchtende aus Seenot zu retten. Das Schiff sei nie als Frachter betrieben worden. Deshalb sei es auch nicht haltbar, die 1917 als Krabbenkutter gebaute und 1964 zum Hausboot umgebaute Mare Liberum nun plötzlich mit Container- oder Tankschiffen gleichzusetzen. „Damit gehen Ausrüstungsanforderungen einher, die Mare Liberum unmöglich erfüllen kann,“ sagt Bruchmann.

Hintergrund der Festsetzung sei eine Weisung des Bundesverkehrsministeriums an die Berufsgenossenschaft Verkehr, zivile Rettungsschiffe auf dem Mittelmeer gesondert zu behandeln, so Bruchmann. Das von dem CSU-Politiker Scheuer geführte Verkehrsministerium wolle „offenbar mit perfiden Mitteln jede Präsenz zivilgesellschaftlicher Akteure auf dem Mittelmeer verhindern, damit die tödliche Grenzpolitik der EU nicht dokumentiert werden kann.“ Der Verein wolle am Montag einen Eilantrag stellen, um so schnell wie möglich wieder auslaufen zu können.

NGOs lahmgelegt

Im östlichen Mittelmeer sind nach Angaben der UN-Migrationsagentur IOM in diesem Jahr bisher 16 Flüchtlinge und MigrantInnen gestorben. Insgesamt sind über diese Seeregion 7.177 Menschen nach Europa eingereist, viele davon stammten nicht aus dem Nahen Osten oder Afrika, sondern aus Südasien, etwa Bangladesch.

Seitdem Italien im vergangenen Jahr seine Häfen für Flüchtlinge weitgehend geschlossen hat, haben vor allem die Behörden von Malta Schiffe von privaten Seenotrettungs-NGOs und auch ein Suchflugzeug festgesetzt. Andere Staaten entzogen den Rettern die Flagge. Fast die gesamte Flotte der NGOs wurde so über viele Monate lahmgelegt.

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