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Belgische Presse streitet mit GoogleDie Macht der Suchmaschine

Wirrwarr in Belgien um die Weiterverwertung von Texten im Netz. Nach einem verlorenen Prozess stellte Google rigoros alle Angebote ab. Doch für die Kläger war das plötzlich zu viel.

Nicht immer nur bequem: die Suchmaschine von Google. Bild: dapd

PARIS taz | Der urheberrechtliche Streit zwischen der belgischen Presse-Verwertungsgesellschaft Copiepresse und Google wird in die Online-Rechtsgeschichte eingehen.

Belgische Zeitungsbesitzer hatten gegen Google, Yahoo und MSN gerichtliche Schritte eingeleitet, weil über ihre Suchmaschinen Inhalte aufgelistet wurden, die nach ihrer Ansicht urheberrechtlich geschützt und somit nicht uneingeschränkt frei und kostenlos verfügbar sein können.

Bei dem Streit geht es um Artikel, die von bezahlten Journalisten geschrieben werden und hauptsächlich auf den Online-Ausgaben der beiden großen Tageszeitungen La Libre Belgique und Le Soir erscheinen.

Was die im Interesse der französisch- und deutschsprachigen Zeitungsverlage Belgiens klagende Urheberrechtsgesellschaft Copiepresse störte, waren die so genannten direkten Hotlinks, mit denen man von Google News direkt auf den Inhalten der Zeitung landet, ohne dass da deren Eigentümer und Autoren irgend etwas dazu sagen könnten, geschweige denn dafür mitkassieren - während Google dank seinen Werbebannern mit diesem Angebot an Aktualität das große Geld macht.

Copiepresse wollte ein Exempel statuieren

Vergeblich verlangte in außergerichtlichen Verhandlungen Copiepresse von Google zunächst eine Entschädigung in der Höhe von 49,2 Millionen Euro. Google ließ sich auch durch Prozessdrohungen nicht beeindrucken. Tatsächlich wollte Copiepresse in diesem seit Jahren schwelenden Konflikt ein Exempel statuieren und erwirkte nun vor dem belgischen Berufungsgericht einen Entscheid, der es Google untersagte, Pressewerke der Verlagsgruppe ganz oder auszugsweise ohne explizite Zustimmung durch die betroffenen Herausgeber in seiner Nachrichtenübersicht zu veröffentlichen. Bei Zuwiderhandlung drohte laut diesem Urteil eine Geldstrafe von rund 17.000 Euro pro Tag.

Die Revanche kam postwendend und übertraf die Erwartungen der zu früh triumphierenden Copiepresse. Google ging in der Tat sehr viel weiter und verbannte die belgischen Zeitungen in den letzten Tagen kurzerhand aus seinem Suchmaschinenindex. Damit wurde den rausgeworfenen Belgiern gezeigt, was es bedeutet, in der Google-Welt nicht mehr zu existieren.

Letztlich habe Google nur "in besonders pedantischer Weise" das von Copiepresse angestrebte Urteil respektiert, schrieb die deutschsprachige belgische Zeitung Grenzecho. Google habe eben "sämtliche Hinweise auf die Websites der Zeitungen aus seiner Suchmaschine entfernt – nicht nur die archivierten Artikel".

Das wiederum ging den betroffenen Zeitungen viel zu weit. Für einen Teil ihrer Onlineleser, die auf dem Web gewöhnlich via Google-Suchdienst ihre Zeitung aufgeschlagen hatten, existierte Le Soir oder La Libre Belgique über Nacht nicht mehr!

Kleinlaut einigten sich nun offenbar die belgischen Zeitungsverleger mit Google. Der Suchdienst darf wieder mit direkten Links alle Artikel auflisten, die nicht explizit durch entsprechende Einträge in den Metadaten der jeweiligen Websites für eine Erfassung durch die Google-Maschinen gesperrt werden. Das war wohl nicht der urheberrechtliche Grundsatzentscheid, den die belgischen Zeitungsproduzenten sich gewünscht hätten.

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17 Kommentare

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  • IM
    IT Mensch

    Danke, Jan,

     

    für die Hinweise zu diesem Artikel, der wie vieles Technikbezogene in der taz leider von geringem Sachverstand zeugt!

  • P
    Paul

    Ich weiß ja nicht, ob der Autor dieses Artikels mal auf der Google News Seite gewesen ist. Ich sehe da jedenfalls keine Werbebanner, mit den das „große“ Geld gemacht wird. Vielleicht fehlen die ja auch nur in meinem Browser ...

  • NG
    Nils Geisemeyer

    Vielleicht irre ich mich, aber GoogleNews schaltet zumindest in meiner Version keine Anzeigen. Der Aggregator stammt aus einem 20%-Projekt eines Angestellten als Reaktion auf den 11. September und soll einfach schnellstmöglich Information zu einer Sache aus verschiedenen Quellen aggregieren. Ich glaube, in Wahrheit ist es die Vergleichbarkeit der verschiedenen Quellen zu einer Nachricht, die hier den Verlegern Sorge bereitet. Also, dass eine Zeitung in den "2084 weiteren Quellen" landen könnte, und nicht als der angezeigte Artikel. Vor allem kann man bei GoogleNews hervorragend überprüfen, wer Agenturmeldungen weiter"postet" oder wer redaktionell schreibt.

  • E
    Elvenpath

    Das war dann wohl ein Pyrrhussieg für die Verleger.

    Google konnte gar nicht verlieren.

    Entweder, sie hätten vor Gericht gewonnen, oder aber, so wie es dann passiert ist, hatten sie endlich mal die Gelegenheit, zu zeigen, was passiert, wenn man im Google-Suchindex nicht mehr gelistet wird.

    Und jetzt hat Google etwas in den Händen, was noch wertvoller ist, als das Urteil: Eine Unterlassungerklärung der Verleger.

     

    Zeitungen und Contentanbieter weltweit werden anhand der Datenbasis der Sperrung sehen, wie die Klickraten auf ihren Seiten zusammenbrechen würden. Das wird sicherlich einige davon abhalten, gegen Google vorzugehen, und aus dieser Symbiose mehr Geld schlagen zu wollen.

     

    Alles in allem: ein genialer Schachzug von Google und ein Sieg auf der ganzen Linie.

  • W
    wow

    Google sollte man zerschlagen. Ein einzelner Konzern darf ich nicht soviel macht haben und sie auch noch Mißbrauchen ("Entweder wir verdienen Geld durch euch oder wir zensieren euch")

  • J
    Jan

    Leider sind mehrere Fehler im Artikel:

     

    "Was [...] störte, waren die so genannten direkten Hotlinks, mit denen man von Google News direkt auf den Inhalten der Zeitung landet, ohne dass da deren Eigentümer und Autoren irgend etwas dazu sagen könnten, geschweige denn dafür mitkassieren - während Google dank seinen Werbebannern mit diesem Angebot an Aktualität das große Geld macht."

     

    1. Die "Eigentümer und Autoren" können mit Hilfe des "Robots Exclusion Standard" sehr einfach "sagen", welche Seiten Suchmaschinen verlinken oder eben nicht.

     

    2. Die "Eigentümer" könn(t)en auf ihrer Seite Werbung schalten. Dieses Geld nehmen sie komplett selbst ein, ohne dass Google davon etwas bekommen könnte. Ob der Artikel über die Startseite der Zeitung oder Google News angesteuert wurde, spielt für diese Einnahmen keine Rolle. Die "Eigentümer" können also nicht nur "mitkassieren" sondern das Geld vielmehr komplett selbst einstreichen.

     

    3. Google News enthält keine Werbebanner. Die "Eigentümer" können also nicht bei Google "mitkassieren", weil Google News keinen Geld für Google erwirtschaftet.

  • N
    Nico

    "während Google dank seinen Werbebannern mit diesem Angebot an Aktualität das große Geld macht."

     

    Google News ist bei mir werbefrei! Ist das in Belgien anders?

  • L
    Laures

    Mal wieder ein peinlicher technikartikel in der TAZ.

     

    Das Urteil: http://www.copiepresse.be/pdf/Copiepresse%20-%20ruling%20appeal%20Google_5May2011.pdf (Seite 48 von 51)

     

    Zitat:

     

    > Orders Google to remove from the Google.be and

    > Google.com sites [...] all the articles, photographs

    > and graphic representations [...] under penalty of

    > a fine for non-perfromance of € 25,000.00 per

    > day [...]

     

    Das Urteil ist extrem ungenau und deshalb flogen die Zeitungen eben einfach ganz raus. Denn inhaltsausschnitte von Seiten finden sich eben auch in den Ergebnissen der Google-Suche.

  • SM
    stefan müller

    Oh weh ist das peinlich. Was wollten die eigentlich erreichen? Was hätte denn rauskommen sollen bei dem Prozess? Dass Google Werbung für sie macht und dafür noch was bezahlt?

  • IM
    IT Mensch

    Danke, Jan,

     

    für die Hinweise zu diesem Artikel, der wie vieles Technikbezogene in der taz leider von geringem Sachverstand zeugt!

  • P
    Paul

    Ich weiß ja nicht, ob der Autor dieses Artikels mal auf der Google News Seite gewesen ist. Ich sehe da jedenfalls keine Werbebanner, mit den das „große“ Geld gemacht wird. Vielleicht fehlen die ja auch nur in meinem Browser ...

  • NG
    Nils Geisemeyer

    Vielleicht irre ich mich, aber GoogleNews schaltet zumindest in meiner Version keine Anzeigen. Der Aggregator stammt aus einem 20%-Projekt eines Angestellten als Reaktion auf den 11. September und soll einfach schnellstmöglich Information zu einer Sache aus verschiedenen Quellen aggregieren. Ich glaube, in Wahrheit ist es die Vergleichbarkeit der verschiedenen Quellen zu einer Nachricht, die hier den Verlegern Sorge bereitet. Also, dass eine Zeitung in den "2084 weiteren Quellen" landen könnte, und nicht als der angezeigte Artikel. Vor allem kann man bei GoogleNews hervorragend überprüfen, wer Agenturmeldungen weiter"postet" oder wer redaktionell schreibt.

  • E
    Elvenpath

    Das war dann wohl ein Pyrrhussieg für die Verleger.

    Google konnte gar nicht verlieren.

    Entweder, sie hätten vor Gericht gewonnen, oder aber, so wie es dann passiert ist, hatten sie endlich mal die Gelegenheit, zu zeigen, was passiert, wenn man im Google-Suchindex nicht mehr gelistet wird.

    Und jetzt hat Google etwas in den Händen, was noch wertvoller ist, als das Urteil: Eine Unterlassungerklärung der Verleger.

     

    Zeitungen und Contentanbieter weltweit werden anhand der Datenbasis der Sperrung sehen, wie die Klickraten auf ihren Seiten zusammenbrechen würden. Das wird sicherlich einige davon abhalten, gegen Google vorzugehen, und aus dieser Symbiose mehr Geld schlagen zu wollen.

     

    Alles in allem: ein genialer Schachzug von Google und ein Sieg auf der ganzen Linie.

  • W
    wow

    Google sollte man zerschlagen. Ein einzelner Konzern darf ich nicht soviel macht haben und sie auch noch Mißbrauchen ("Entweder wir verdienen Geld durch euch oder wir zensieren euch")

  • J
    Jan

    Leider sind mehrere Fehler im Artikel:

     

    "Was [...] störte, waren die so genannten direkten Hotlinks, mit denen man von Google News direkt auf den Inhalten der Zeitung landet, ohne dass da deren Eigentümer und Autoren irgend etwas dazu sagen könnten, geschweige denn dafür mitkassieren - während Google dank seinen Werbebannern mit diesem Angebot an Aktualität das große Geld macht."

     

    1. Die "Eigentümer und Autoren" können mit Hilfe des "Robots Exclusion Standard" sehr einfach "sagen", welche Seiten Suchmaschinen verlinken oder eben nicht.

     

    2. Die "Eigentümer" könn(t)en auf ihrer Seite Werbung schalten. Dieses Geld nehmen sie komplett selbst ein, ohne dass Google davon etwas bekommen könnte. Ob der Artikel über die Startseite der Zeitung oder Google News angesteuert wurde, spielt für diese Einnahmen keine Rolle. Die "Eigentümer" können also nicht nur "mitkassieren" sondern das Geld vielmehr komplett selbst einstreichen.

     

    3. Google News enthält keine Werbebanner. Die "Eigentümer" können also nicht bei Google "mitkassieren", weil Google News keinen Geld für Google erwirtschaftet.

  • N
    Nico

    "während Google dank seinen Werbebannern mit diesem Angebot an Aktualität das große Geld macht."

     

    Google News ist bei mir werbefrei! Ist das in Belgien anders?

  • L
    Laures

    Mal wieder ein peinlicher technikartikel in der TAZ.

     

    Das Urteil: http://www.copiepresse.be/pdf/Copiepresse%20-%20ruling%20appeal%20Google_5May2011.pdf (Seite 48 von 51)

     

    Zitat:

     

    > Orders Google to remove from the Google.be and

    > Google.com sites [...] all the articles, photographs

    > and graphic representations [...] under penalty of

    > a fine for non-perfromance of € 25,000.00 per

    > day [...]

     

    Das Urteil ist extrem ungenau und deshalb flogen die Zeitungen eben einfach ganz raus. Denn inhaltsausschnitte von Seiten finden sich eben auch in den Ergebnissen der Google-Suche.