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Belem, Tegernsee, UkraineWeimer sollte verfilmt werden

Merz sorgt wieder für „Eklat“-Meldungen, sechs Punkte in Trumps Ukraine-Plan sind diskutabel, die vielen Abos um Fußball zu schauen allerdings nicht.

Das Lächeln eines Filmstars hat er Foto: Clemens Bilan/EPA

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in dieser Woche?

Küppersbusch: Wunschzettel.

taz: Und was wird besser in dieser?

Küppersbusch: Friedensplan.

taz: Friedrich Merzens rhetorisches Talent ist in Brasilien mal wieder nicht erkannt worden. Macht Merz was falsch? Oder wollen wir ihn falsch verstehen?

Küppersbusch: Was Merz konkret gesagt hat, überlagert, wo er nicht konkret wurde: keine Zahl für die geplante Waldrettung, keine Zahl für den Klimafonds. Wäre eine genialische Strategie, wenn’s ihm nicht einfach wieder so passiert wäre. Schon eine schnelle Netzsuche „Merz Brasilien“ ergibt einen Hagel an „Eklat“-Meldungen, und Klimafreunde wären froh, die hätten irgendwas mit ihrem Thema zu tun. Vielleicht muss man ihn in die Dortmunder Nordstadt schicken, damit er mal was Vernünftiges zum Klima sagt.

taz: Kultur- und Medienminister Wolfram Weimer überlässt nach heftiger Kritik seine Anteile an seinem Medienunternehmen einem Treuhänder. Ist der Mann noch zu retten?

Küppersbusch: 2010 verhökerte der CDU-Generalsekretär in NRW seinen Chef Jürgen Rüttgers für 20.000 Euro an Parteitags-Sponsoren. Foto beim Rundgang, schicker Messestand, Einzelgespräch. Dieser Generalsekretär ist heute selbst Ministerpräsident, Hendrik Wüst. Dazwischen lag allerdings ein sehr vorübergehender Rücktritt. Als literarische Figur bleibt Weimer faszinierend, diese mit ordentlich Feingeist umschwallte Habsucht hat etwas für die Kulturbranche Repräsentatives. Weimer muss nicht Minister bleiben, sollte aber auf jeden Fall verfilmt werden. Vielleicht kann er das finanziell fördern.

taz: Nächste Woche diskutiert der Bundestag den Haushalt 2026. Kriegt die Koalition das hin?

Küppersbusch: Nehmen wir doch einfach mal nüchtern zur Kenntnis, dass es bei Wehrpflicht, Richterwahl, bald Rente und damals Kanzlermehrheit Lösungen gab. Und Dutzende weitere Gesetze glatt durchgingen. Unter uns: Was da inzwischen als Holpern und Stolpern von Krise zu Krise hochgehystet wird, hieß früher mal „demokratisches Aushandeln“. Langweilig!

taz: Die USA haben neue Vorschläge für einen Weg zum Frieden in der Ukraine gemacht. Ist was ­Diskutables ­dabei?

Küppersbusch: Die EU-Mitgliedschaft der Ukraine, ein Wiederaufbau-Programm mit russischen und europäischen Geldern, die Verlängerung von Atomwaffen-Kontroll-Verträgen, die Reparatur russischer Gaslieferungen durch die Ukraine, die Angleichung ukrainischer an EU-Gesetze und sogar die schrittweise Aufhebung von Sanktionen gegen Russland. Das sind sechs Punkte. Die anderen 22 sind ein bunter Flausch von „kann man mal drüber reden“ bis „komplett irre“. Allein vier davon betreffen die Nato, oder volkstümlich: „hört Merkel aus der Ferne lachen“; möglicherweise zuletzt und am besten. Kurz: Die überrollten Europäer können mit dieser Positivliste von Konsensthemen antworten und beten, dass das irgendjemand interessiert. Dabei werden sie geflissentlich die Frage überspringen, warum sie das nicht schon längst angeboten haben. Und wie verbohrt man sein muss, jahrelang Verhandlungen zu verdammen, um jetzt zu beklagen, man dürfe ja nicht mitverhandeln.

taz: USA, Russland, China, Argentinien und Mexiko kommen nicht zum G20-Gipfel. Was sollen die anderen machen? Zusammen Kaffee trinken oder Gipfel absagen?

Küppersbusch: In seinem Statement zum Ukraine-Plan hudelte Putin sich ordentlich Zu- und Abstimmung zusammen mit China, Brasilien, Südafrika und anderen Brics-Staaten. Einfach weil er’s kann und um die Europäer zu düpieren, die von Trumps Amok überrascht ­wurden. Tenor: Russland hat seine eigene Welt, die USA finden Völkerfreundschaft auch eher hinderlich, und wenn wir nicht mitmachen, kann im Kinderzimmer ruhig Demokratie gespielt werden. Neben allem trotzigen Erfolg der südafrikanischen Leitung schrumpft das Format, nach Regierungschefs gezählt, auf „G13“. Ohne neue Bündnisse ist es durch.

taz: Nächste Woche werden überall Weihnachtsmärkte eröffnet und Weihnachtsbäume aufgestellt. Alles bestens gegen Terror gesichert. O du besinnliche Gruselzeit?

Küppersbusch: Vor ein paar Jahren beschrieben Vernunftbegabte den Weihnachtsmarkt selbst als Terror.

taz: Champions League ab nächstes Jahr nur noch mit einem Abo von Paramount+ und Amazon und Netflix. Bundesliga nur noch mit Dazn und Sky. Ist das noch menschlich?

Küppersbusch: Ja, man freut sich, wenn der eigene Club nicht CL spielt und einem so eine Menge Abogebühren spart. Oder direkt gleich absteigt, etwa dritte Liga mit Gratis-Übertragungen beim ÖRR. Könntet mich gut mal danach fragen!

taz: Und was macht der RWE?

Küppersbusch: Danke. Wie kommt ihr darauf? Leider gestern Spitzenspiel gegen Cottbus im TV nur bei Magenta.

Fragen: Doris Akrap

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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