Belarus im russischen Machtkampf: Wagner-Lager in Belarus?
Minsk hat im Machtkampf zwischen Putin und Prigoschin vermittelt. Für die belarussische Bevölkerung verheißt das nichts Gutes.
Bereits am Montag hatte ein russisches Boulevardmedium über die mögliche Einrichtung solcher Lager für Wagner-Söldner in Belarus berichtet. Angeblich deshalb wurden bereits vor einem Monat Grenzschützer in die südliche belarussische Region Witebsk geschickt.
Der Auftritt von Alexander Lukaschenko am Wochenende als Friedensstifter und Vermittler hat in den sozialen Medien von Belarus viele Reaktionen hervorgebracht. Der Tenor: Lukaschenko ist lediglich ein Vasall Wladimir Putins – und er tut, was ihm der Kreml sagt.
Politische Analysten in Belarus waren die ersten, die über die Inszenierung dieser Wagner-Show gesprochen haben. Nach ihrer Ansicht war einer der Gründe für den Aufstand am Wochenende die Unfähigkeit des „Arbeitgebers“, vertreten durch das russische Verteidigungsministerium, für die „Dienste“ von Wagners Söldnern zu bezahlen. Es heißt, dass Putins Verteidigungsministerium langsam das Geld für den Krieg ausgehe. Es gibt keine Narren, die umsonst kämpfen.
Lukaschenko kann die Wagner-Gruppe kaum finanzieren
Putins Aufgabe ist es nun, mit den Wagner-Söldnern eine Lösung zu finden. Und es gibt eine sehr grausame und beängstigende Lösung. Warum? Weil die 25.000 Kämpfer für die restliche Bevölkerung eine Bedrohung darstellen. Ihre Amnestie ist die Erlaubnis, in ihre Häuser zurückzukehren und mit den Dorfnachbarn abzurechnen, die ihnen einst Unrecht getan haben. Sie werden rauben und töten. Einfach, weil sie es können. Das sind wirklich böse Menschen ohne Prinzipien, die für Geld alles tun würden.
Wird Lukaschenko in der Lage sein, diese Armee zu erhalten, zu unterhalten und zu finanzieren? Wohl kaum. Zwei oder drei Generäle, vielleicht, aber das gesamte Personal wird gehen, um belarussische Städte und Dörfer zu plündern. Offen gesagt, Lukaschenko kann es sich nicht leisten, teure Söldner zu unterhalten, die sich Putin nicht leisten könnte. Er kann nur dem Geschäftsmann Prigoschin einen schnellen Transit nach Afrika ermöglichen.
Die private Militärfirma Wagner, die aus Söldnern besteht, welche aus Gefängnissen entlassen wurden, haben nichts zu verlieren. Sie sind wütend, bewaffnet und verstehen Gerechtigkeit nur durch die Anwendung von Gewalt. Ihr Marsch war nicht nur beängstigend – sie zeigte auch, dass der russische Koloss seinen letzten Atemzug getan hat. Kremlchef Putin hat jetzt in erheblichem Maße an Ansehen verloren. Und das wird er nicht verzeihen. Er ist klein und rachsüchtig.
Gerade erzählte mir ein Freund, er müsse Belarus demnächst verlassen: „Janka, ich habe gewettet, dass alles bis Dezember dieses Jahres geklärt sein würde. Ich habe mich geirrt. Es wird sogar ein oder zwei Monate früher sein. Denn wenn man auf einem hohen Baum sitzt und an dem Ast, auf dem man sitzt, gesägt wird, fällt man einfach als Idiot. Zwangsläufig. Und das tut richtig weh.“
Aus dem Russischen von Gemma Terés Arilla
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär