Beiträge im Vergleich: Gebühren-Willkür im Kindergarten
Eine Studie zeigt: Bei den Gebühren für einen Kindergartenplatz gibt es große Unterschiede, die schnell 3.000 Euro ausmachen können. Im Norden ist der Platz meist teurer als im Süden.
BERLIN taz Die Stadt Heilbronn ist die Vorreiterin. Als erste deutsche Großstadt verlangt sie keinen Cent für einen Platz im Kindergarten. Selbst das Millionärskind wird kostenlos betreut. Ganz anders ist die Lage einige dutzend Kilometer neckaraufwärts: In Tübingen müssen Gutbetuchte rund 3.500 Euro pro Jahr bezahlen, wenn sie zwei Kinder halbtags in den Kindergarten schicken. Immerhin können sie froh sein, nicht in Minden zu wohnen: Dort müssten sie sogar 3 888 Euro berappen.
Eine Studie der Zeitschrift Eltern und der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) geht einer bisher kaum beleuchteten Frage nach: Wie stark unterscheiden sich deutschlandweit die Kosten für den Kindergarten? Die am Montag vorgestellte Untersuchung vergleicht die Gebühren für einen Halbtagsplatz für Drei- bis Sechsjährige in den 100 größten deutschen Städten - und ermittelt eine beachtliche Bandbreite.
Geringverdiener mit zwei Kindergartenkindern etwa müssen in 17 Städten gar keine Gebühren zahlen, in Cottbus aber 1.428 Euro pro Jahr. Ein Kind einkommensschwacher Eltern geht in 10 der untersuchten Städte gratis in den Kindergarten. In Lübeck aber zahlen die Eltern 1.692 Euro pro Jahr.
Die Autoren haben für ihre Studie sechs Modellfälle untersucht: Eltern mit ein oder zwei Kindern und geringem Einkommen (25.000 Euro Bruttoverdienst), mit mittlerem Einkommen (45.000 Euro) und mit hohem Einkommen (80.000 Euro).
Dass die Gebühren sich zum Teil deutlich unterscheiden, hat auch strukturelle Gründe: Was ein Kindergartenplatz kostet, bestimmen die Kommunen zu einem großen Teil selbst.
Dennoch lassen sich einige Tendenzen ablesen. So belasten Städte im Norden die Eltern im Schnitt etwas stärker als Städte im Süden. Hat die Familie nur ein Kind, ist der Kindergarten im Osten etwas billiger; Familien mit zwei Kindern stehen im Westen besser da. Geringverdiener müssen einen höheren Anteil ihres Einkommens für die Kinderbetreuung aufbringen als Gutverdiener.
Oft sind die Gebühren gerade in den Städten hoch, die viele soziale Brennpunkte haben - und wenig Geld in der Haushaltskasse. Genau das aber sind die Orte, an denen viele Kinder auch dringend abseits des Elternhauses gefördert werden müssten. Immerhin: In Berlin, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz ist das letzte Kindergartenjahr kostenfrei.
Diese Zahlen bergen gleich in mehrfacher Hinsicht politischen Zündstoff. Schon lange fordern einige Experten, Kindergärten ebenso wie Schulen kostenlos anzubieten. Schließlich sollen dort die Kinder nicht nur beaufsichtigt, sondern auch gefördert werden. "Die hohen Kosten können dazu führen, dass Kinder aus einkommensschwachen Schichten nicht in den Kindergarten geschickt werden", sagt auch Max Höfer, Geschäftsführer der INSM. Hohe Gebühren könnten zudem Mütter entmutigen, in den Job zurückzukehren - weil einige kaum mehr verdienen, als die Familie für die Betreuung zahlt. Höfer plädiert daher, "den Halbtagskindergarten ab dem 3. Lebensjahr wie die Schule generell kostenfrei" anzubieten.
Thomas Rauschenbach, Leiter des Deutschen Jugendinstituts in München, hält dagegen eine "vernünftige soziale Staffelung" der Gebühren für vertretbar. "Langfristig sollten alle bildungsbezogenen Angebote kostenfrei sein. Wichtiger aber ist es, zunächst in Qualität und Quantität zu investieren", sagte er. Rauschenbach mahnt, die Lage nicht zu dramatisieren. "Ein Halbtagsplatz im Kindergarten kostet die Eltern 1 bis 8 Euro am Tag. Das heißt: Die Parkgebühren für Kinder sind in vielen Städten günstiger als die für Autos."
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