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Beim Anschlag auf das Bataclan kommt Ali ins Zweifeln

In seinem neuen Roman geht Fouad Laroui der Frage nach, warum sich ein junger Marokkanerin Frankreich radikalisiert. Das Buch besticht zumindest in den Sachkapiteln

Fouad Laroui: „Im aussichtslosen Kampf zwischen Dir und der Welt“. Aus dem Französischen von Christiane Kayer. Merlin-Verlag, Vastorf 2017, 238 S., 24 Euro

Von Reiner Wandler

Warum radikalisiert sich jemand? Was bewegt junge Menschen, sich dem „Islamischen Staat“ anzuschließen? Diese Frage versucht Fouad Laroui in seinem dritten, ins Deutsche übersetzten Roman „Im aussichtslosen Kampf zwischen Dir und der Welt“ zu ergründen. Der in Amsterdam lehrende marokkanische Professor erzählt die Geschichte des jungen IT-Ingenieurs Ali aus Marokko und dessen Umfeld.

Ali lebt und arbeitet in Frankreich, ist verliebt, zieht mit seiner Freundin Malika, Französin mit marokkanischen Wurzeln, zusammen. Alles läuft bestens, bis Ali bei der Arbeit von einem Projekt abgezogen wird, das er seit Monaten entwickelt hat. Es geht um einen Rüstungsauftrag. Sein Arbeitgeber gibt dem Druck staatlicher Stellen nach.

Ali kündigt frustriert, fühlt sich unverstanden, diskriminiert. Er verfällt in eine tiefe Depression. Und sucht schließlich unter dem Einfluss seines Cousins Brahim in der Religion Halt und endet schließlich in einem Umfeld, in dem er sich radikalisiert. Der Alltag des Paares wird unerträglich. Malika weiß nicht, was tun.

Letztendlich reist Ali nach Syrien. Als in Paris der Anschlag auf den Konzertsaal Bataclan verübt wird, kommt Ali ins Zweifeln, möchte zurück und wird schließlich als Verräter hingerichtet.

Der Entwicklung Alis stellt Laroui mit Malika und deren „stammfranzösischer“ Freundin Claire zwei junge Frauen gegenüber, die ihr Leben genießen wollen und dennoch den Wirren dieser Zeit nicht entkommen. Außerdem mischt Laroui die Erzählung mit Kapiteln zur Geschichte der arabischen Welt. Er versucht dem Leser die Fakten und die Mythen näherzubringen, die die Weltanschauung vieler – nicht nur radikaler Araber und Muslime – prägen. Es geht um Kolonialismus, willkürliche Grenzziehungen beim Verfall des Osmanischen Reiches, um die Befreiungsbewegungen von Ägypten bis Algerien und um die iranische Revolution. Und es geht natürlich um Palästina und die Entstehung des Staates Israel.

Laroui geht der Frage nach, wie sich arabischstämmige Menschen in Frankreich fühlen. „Wann sind wir Fremde in diesem Land (…), wenn wir nicht zum nationalen Diskurs gehören“, lässt Laroui ausgerechnet einen der letzten Kontakte Alis außerhalb seiner neuen, religiösen Welt erklären. Und stellt in Folge die offizielle französische Geschichtsschreibung dem gegenüber, was arabischstämmige Menschen täglich in Dokumentarfilmen auf panarabischen Sendern zu sehen bekommen.

Auf der einen Seite zeichnet Laroui ein Bild dessen, was die westliche Welt als ihre großen Entdeckungen und Erfindungen feiert, und konfrontiert sie mit der Wissenschaft und Philosophie der arabischen Welt. Es geht um Errungenschaften und Entdeckungen, die – auch wenn dies im Westen kaum jemand wahrnimmt – in der arabischen Welt oft Jahrhunderte früher gemacht wurden. In diesem Mischmasch aus Geschichte, Religion und Frust lässt Laroui sich den frustrierten Ali radikalisieren.

Ein Manko hat dieses Buch bei alledem allerdings. Während der Autor in den Sachkapiteln besticht, reichen die Romanelemente bei Weitem nicht an seine früheren Werke heran. Anders als in Fouad Larouis vorigem Roman „Die Leiden des letzten Sijilmassi“, in dem brillant die inneren Konflikte des Helden zwischen modernem Leben und altertümlichem Religionsverständnis dargestellt werden, leuchtet Laroui dieses Mal die wichtigsten Romanfiguren nur unvollständig aus. Der Leser kann nur schwer Alis Entwicklung nachvollziehen oder nachempfinden, was Malika durchlebt.

Die im Titel beschworene Aussichtslosigkeit wird dadurch leider nicht wirklich fühlbar.

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