Behörde warnt vor "Chrome": Finger weg vom Google Browser!
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik rät vom Einsatz der Testversion des neuen Browsers Chrome ab. Zu viele Fehler, Sicherheitsmängel und Spitzeleien.
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat ein Problem mit dem neuen Google-Browser Chrome. Ein Sprecher der für IT-Sicherheit zuständigen Bonner Behörde sagte, die Software solle derzeit "nicht für den allgemeinen Gebrauch eingesetzt" werden. Es sei kritisch, dass Google ein Produkt in einer Testversion einer breiten, zum Teil technisch wenig versierten Öffentlichkeit zugänglich mache.
Chrome wird in einer als "Beta" titulierten Vorabvariante angeboten, die allerdings noch unvollständig ist. Dennoch hatten sich zahlreiche Nutzer die kostenlose Software heruntergeladen, was innerhalb weniger Tage einen Marktanteil von über 1,5 Prozent ermöglichte.
Chrome sei zwar "bequem, aber kritisch", sagte BSI-Sprecher Matthias Gärtner der Berliner Zeitung. Er kritisierte nicht nur die unausgereifte Technik, sondern auch die Datensammelwut Googles. "Aus sicherheitstechnischen Gründen ist die Anhäufung von Daten bei einem Anbieter kritisch."
Gärtner empfahl Nutzern, die Geschäftsbedingungen des Chrome-Browsers "sehr genau" zu lesen. Darin ist unter anderem festgeschrieben, dass Google die in die Adressleiste eingegebenen Internetadressen mitlesen darf, um Vorschläge für passende Web-Angebote zu machen, die aus seiner Suchmaschine stammen.
Laut einem Bericht des IT-Nachrichtendienstes CNET sollen 2 Prozent der so gewonnenen Daten inklusive der Internetadresse des Nutzers gespeichert werden - unter anderem, um die Google-Dienste zu optimieren. Die Funktion lässt sich mit einigen Mausklicks abschalten, was dann aber auch einen Verlust an Komfort bedeutet. Standardmäßig ist die Vorschlagsfunktion aktiv.
Kritik musste Google auch wegen mehrerer Sicherheitslücken bei Chrome einstecken. Auch ein sogenannter Exploit, der zeigt, dass und wie Angreifer einen beliebigen Code auf den Rechner einschleusen können sollen, existiert bereits.
Das Google-Management reagierte inzwischen, indem es eine erste Aktualisierung von Chrome ins Netz stellte, die sich Nutzer herunterladen können. Noch ist allerdings unklar, ob sie alle bereits entdeckten Sicherheitslücken tatsächlich schließt.
Chrome war am Dienstag mit viel Aufwand weltweit gestartet worden. Die Software liegt bereits in 100 Sprachen vor. Google greift mit diesem eigenen Browser, der unter anderem mehr Geschwindigkeit und Komfort gegenüber der Konkurrenz bieten soll, den Erzrivalen Microsoft an, der den Markt für Betriebssysteme und Browser beherrscht.
Experten sehen in Googles Vorstoß den Versuch, eine eigene IT-Plattform zu schaffen: So träumt der Konzern davon, dass Programme nicht mehr auf dem lokalen Rechner des Nutzers laufen, sondern direkt im Browser. Damit würde man Microsoft umgehen. Geld verdienen will Google dabei offenbar mit Online-Werbung - diesen Markt beherrscht der Konzern bereits deutlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen