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Behandlungsmethoden in der PsychiatrieEiner fliegt über das Kuckucksnest

Nach der Reform des Betreuungsrechts finden wieder Zwangsbehandlungen von psychisch Kranken statt. Die Grünen finden sie zu stations- und medikamentenlastig.

Herzlich willkommen im „Krisenraum“ des Zentrums für Psychiatrie Südwürttemberg Bild: dpa

BERLIN dpa | Die Grünen haben die Bundesregierung aufgefordert, Zwangsbehandlungen von psychisch kranken Menschen genauer zu überprüfen. Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Zwei Jahre nach der Reform des Betreuungsrechts scheint es in den psychiatrischen Krankenhäusern ein stärkeres Bewusstsein für den mit Zwang verbundenen Grundrechtseingriff zu geben. Aber wir sind noch weit entfernt von einem Ende des Zwangs in der Psychiatrie.“

Es sei nicht hinnehmbar, dass die Regierung heute noch keine Auskunft darüber geben könne, wie viele Behandlungen seit der Reform gegen den Patientenwillen durchgeführt wurden, kritisierte Klein-Schmeink. Zwangsmaßnahmen seien schwere Eingriffe in die Grundrechte von Menschen, die streng kontrolliert werden müssten. Die Regierung müsse dringend den rechtlichen Rahmen für eine lückenlose Dokumentation aller beantragten und genehmigten medizinischen Zwangsbehandlungen schaffen. Dazu sollte eine Prüfstelle benannt werden.

In den psychiatrischen Krankenhäusern fehle oft das Konzept, die Zeit oder das Personal, um auf die Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen - „"mit der Folge einer zwangsweisen Behandlung“, sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete weiter. „Auch die Krankenhäuser sind aufgefordert, ihre Behandlungskultur zu überprüfen.“ Das heutige Behandlungssystem bei akuten psychischen Krisen sei immer noch zu stations- und medikamentenlastig.

Wichtig sei nach der neuen Regelung, dass vor Genehmigung einer Zwangsmaßnahme der Arzt Alternativen prüfen und auch ernsthaft versuchen müsse, den Betroffenen von der Behandlung zu überzeugen oder aber diese erst mal zu unterlassen. Grundsätzlich seien weitere Anstrengungen nötig, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen und Betroffene in der Entscheidungsfindung zu unterstützen, anstatt ihre Entscheidung zu ersetzen, sagte Klein-Schmeink.

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1 Kommentar

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  • "In den psychiatrischen Krankenhäusern fehle oft das Konzept, die Zeit oder das Personal, um auf die Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen." - Dann sollte doch der Gesetzgeber sehen ,dass Zeit und Personal zur Erstellung von Konzepten bereitgestellt werden. Zum Beispiel in Form von gesetzlich festgelegten Betreuungsschlüsseln. Denn von selbst wird kein KH-Betreiber darauf kommen in mehr Personal als unbedingt nötig zu investieren. Das geschilderte Problem spiegelt auf eine neue Art wieder, was geschieht wenn Menschenwürde und der Zwang zur Wirtschaftlichkeit kollidieren.

     

    „Auch die Krankenhäuser sind aufgefordert, ihre Behandlungskultur zu überprüfen.“ - Das trifft nicht nur auf die Psychatrie zu. In Deutschland herrscht eine Gesundheitsindustrie, die auf Methoden setzt welche einen größtmöglichen Profit abwerfen. Dass hier nicht immer die Methode gewählt wird die am besten für den APtienten ist, liegt da nur nahe.