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Begrenzte Auswahl

Heute läßt Indonesiens Regierung ein neues Parlament wählen. Doch das hat nichts zu sagen  ■ Aus Jakarta Jutta Lietsch

„Fest der Demokratie“ nennt die indonesische Regierung die heutigen Parlamentswahlen. Doch das Fest ist kurz: Nur sechs Stunden, zwischen acht Uhr morgens und zwei Uhr nachmittags, sind die Wahlkabinen geöffnet. 125 Millionen wahlberechtigte IndonesierInnen werden 425 Abgeordnete „für eine Art Parlament“ wählen, in dem „zwar debattiert wird, aber niemals Gesetze eingebracht oder abgelehnt werden“, wie die Hongkonger Asiaweek schreibt.

Mit Demokratie hat dies nicht viel zu tun: Alle Macht ist in den Händen von Präsident Suharto, der Indonesien seit über dreißig Jahren mit Hilfe des Militärs regiert. 75 Sitze sind zudem der Armee vorbehalten. Nur drei von der Regierung scharf kontrollierte Gruppierungen dürfen sich zur Wahl stellen: Die regierende Golkar, die stets sicher gewinnt, will diesmal ihren Vorsprung noch steigern und von 68 auf 70,02 Prozent der Stimmen kommen. Die „Vereinigte Entwicklungspartei“ PPP, die besonders „muslimische Werte“ stärken will. Sie erzielte vor fünf Jahren 17 Prozent. Und die gespaltene „Demokratische Partei Indonesiens“ PDI, die 1992 noch 15 Prozent gewann. Deren Vorsitzende Megawati Sukarnoputri hatte den Zorn des Präsidenten erregt, als sie mehr Demokratie forderte. Zur Strafe ließ die Regierung sie vergangenes Jahr absetzen. Ein großer Teil der PDI- Anhänger boykottierte den Wahlkampf ihres Nachfolgers Suryadi.

In ihren politischen Programmen unterscheiden sich die drei Gruppierungen kaum – alle sind für wirtschaftliches Wachstum und gegen soziale Ungerechtigkeit. Obwohl die Regierung versucht hatte, den Wahlkampf scharf zu kontrollieren, mündeten die Kundgebungen in den letzten vier Wochen häufig in schweren Krawallen mit zahlreichen Toten.

Da die gepaltene PDI kaum Zulauf hatte, entwickelte sich der Wahlkampf zum Wettbewerb zwischen der regierungstreuen Golkar und der PPP. Deren Führer kritisierten ungewohnt heftig das undemokratische Wahlsystem. Alle Regierungsangestellten gehören zur Golkar – und sind verplichtet, sie zu wählen. Die Stimmenauszählung liegt in der Hand der Regierung – der Wahlcomputer steht im Armeehauptquartier. WählerInnen, die als Oppositionelle gelten, durften sich nicht registrieren lassen. Wer nicht wählt, muß mit Sanktionen rechnen. Es war verboten, zum Nichtwählen aufzurufen. Dennoch gab es eine wachsende Boykottbewegung. Das Wahlergebnis wird mit Spannung erwartet: Es könnte neue Gewalt geben, wenn PPP-Anhänger oder Nichtwähler sich betrogen fühlen.

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