Kommentar – zu Seite 22: Begleitung gesucht
■ Senat bietet neue Rolle fürs Parlament
In einer Demokratie beschließt das Parlament einen Haushalt, und die Regierung muß sich danach richten. Bremens Große Koalition will heute beweisen, daß es auch umgekehrt geht.
Da stört zunächst der Zeitpunkt: Wie soll ein Etat festgelegt werden, wenn das halbe Jahr schon um ist. Eine runde Milliarde Mark Investitionen, die der Senat schon ohne Haushalt ausgegeben hat, ist unwiederbringlich weg, kein Parlamentsbeschluß kann sie zurückholen. Und Projekte, die schon in der ersten Jahreshälfte kaputtgespart worden sind, könnten jetzt auch mit frischem Geld nicht wiederbelebt werden. Seit gestern liegt zwar ein mittelfristiger Finanzplan vor. Der ist allerdings unaktuell und unvollständig. Und über 600 Millionen Mark Investitionsmittel soll das Parlament mal eben so im Paket entscheiden. Wofür der Riesenbetrag verwendet wird, wollen die acht Senatoren später unter sich ausmachen.
Völlig verdreht werden die Verhältnisse aber spätestens durch eine „Mitteilung des Senats“ vom 4. Juni. Dort steht im groben, wie mit den längst absehbaren Steuerausfällen von 165 Millionen Mark in diesem Jahr umgegangen werden soll. Doch dann folgt die „Empfehlung, das Umsetzungskonzept nicht in die Haushalte aufzunehmen, sondern seinen Vollzug im Laufe des Jahres aktiv zu begleiten“. So funktioniert eine Große Koalition: Der Senat bestimmt die Richtung, das Parlament darf ihn begleiten. Dirk Asendorpf
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