: Beamtenbau bestens privatisiert?
■ Zwei Jahre nach der Privatisierung der Beamtenbau-GmbH
Vor zwei Jahren ist die Bremer Beamtenbau-Gesellschaft, die 4.500 Wohnungen hält, privatisiert worden: 142 Millionen Mark hatte die Gladbacher Aktien-Baugesellschaft geboten. Alle, die für eine „Bremer Lösung“eingetreten waren, blamierten sich: die Gewoba hatte nur 90 Millionen Mark geboten. Im ersten Geschäftsjahr hat die private Besitzerin 20 Millionen Mark Rendite aus der Beamtenbau herausgeholt. Zum Vergleich: Die Gewoba, die zehnmal soviele Wohnungen hält (43.000), schüttete gerade 17 Millionen Mark Gewinn aus. Sind die Privaten doch die besseren Unternehmer? Haben die Privaten das Bremer Wohnungsbau-Unternehmen ausgequetscht? Vor dem Sonderparteitatg der SPD zum Thema „Verkauf der Bremischen und der Gewoba“interviewten wir den Betriebsrat der Beamtenbau, Hans-Jürgen Wiechmann, zu seinen Erfahrungen mit der Privatisierung.
taz: Was würden Sie den Kollegen von der Gewoba und den SPD-Delegierten empfehlen? Sie waren damals gegen die Privatisierung?
Hans-Jürgen Wiechmann: Ja. Der Betriebsrat und auch der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsgremium waren dagegen. Wir sind als Delegation zu Bürgermeister Wedemeier, zu den Parteien, zu allen gegangen...
Um den Verkauf zu verhindern?
Ja.
Wurde es denn so schlimm, wie Sie gedacht haben?
Wir hatten damals 75 Mitarbeiter, heute sind wir noch 50.
Und Sie machen jetzt mit 50 Leuten das, was vorher 75 gemacht haben?
Da sind die Verwaltungsvorgänge verändert worden, es ist vieles vereinfacht worden. Im technischen Bereich sind Fremdfirmen eingesetzt worden. Aber das sind alles natürliche Abgänge gewesen, es ist niemand gekündigt worden.
Und die Auswirkungen für die Mieter?
Zunächst einmal keine ...
Befürchten Sie für die Zukunft...?
Das sind Vermutungen.
Die Gesellschaft hat im ersten Jahr 20 Mio., also gute sieben Prozent Gewinn abgeschöpft. Als die Stadt noch Eigentümerin war, muß doch etwas anders gewesen sein.
Solange die Gesellschaft gemeinnützig war, konnte die Stadt keinen Gewinn abschöpfen. Später waren es vier Prozent. Was übrig war, wurde in die Instandhaltung gesteckt.
Verfallen die Wohnungen?
Nein. Was nötig ist, wird genauso gemacht. Aber was früher an Renovierungsarbeiten gemacht wurde, ist jetzt etwas zurückgefahren worden.
Das bedeutet: Die Stadt als Besitzerin könnte genauso wie die privaten Besitzer sieben Prozent Rendite auf den erzielten Verkaufspreis aus der Firma ziehen?
Ja.
Nun sind die Staatskassen leer, die Stadt braucht Geld. Was würden Sie von der Alternative halten, daß die Stadt sieben Prozent Rendite auf den erzielbaren Verkaufspreis Jahr für Jahr aus der Gewoba herauszieht?
Das wäre die bessere Lösung als die Wohnungen irgend jemand anderem zu überlassen. Als kommunales Unternehmen gibt es noch soziale Verpflichtungen.
Gibt es für Sie einen Punkt, wo die neue Besitzerin der Beamtenbau sich anders verhalten hat als die Stadt es getan hätte?
Nein, aber das ist ja vertraglich festgehalten. Die Stadt hat beim Verkauf auf zehn Jahre den Status quo vereinbart. Was danach kommt, wissen wir nicht. Die Gesellschaft darf solange zum Beispiel nur 150 Wohneinheiten pro Jahre verkaufen...
Die Wohnungen werden zunächst den Mietern angeboten ...
Bevorzugt ja...
Das ist doch alles bestens.
.. und wenn sie frei sind, auf dem Markt.
Nochmal zurück zu der Gewoba-Frage: Was würden Sie aus Ihrer Erfahrung den Kollegen von der Gewoba und den SPD-Delegierten empfehlen? Widerstand gegen die Privatisierung bis zum letzten?
Ja. Aus ihrer Lage ist das verständlich. Man sollte das in bremischem Besitz lassen. Das ist auch ein Vorteil für die Mieter, die dort wohnen. Man weiß ja nie, wer das übernimmt und was dann mit den Mieten passiert. Int.: K.W.
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