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Bayreuther Professor über Causa Guttenberg"Ich sehe kein allgemeines Problem"

Uni-Ombudsmann Diethelm Klippel bezeichnet Guttenberg als Einzelfall und plädiert, alles beim Alten zu lassen. Das Verhältnis zwischen Doktorand und Betreuer hält er nicht für antiquiert.

"Er hat das Vertrauen seines Doktorvaters missbraucht": Karl Theodor zu Guttenberg. Bild: dapd
Anna Lehmann
Interview von Anna Lehmann

taz: Herr Professor Klippel, eine Doktorarbeit, in der wissenschaftliche Standards grob verletzt und der Verfasser vorsätzlich getäuscht hat, wird mit der Bestnote "summa cum laude" bewertet. Wie kann das passieren?

Diethelm Klippel: Dazu haben verschiedene Faktoren beigetragen, in erster Linie Herr Guttenberg selbst, der plagiiert und das Vertrauen seines Doktorvaters missbraucht hat.

Ist die Universität Bayreuth dadurch nachhaltig beschädigt?

Meiner Ansicht nach nicht, denn dies ist ein Einzelfall. Ich hatte in meiner gesamten wissenschaftlichen Karriere mit keinem einzigen Plagiatsfall zu tun - aber sie kommen gelegentlich vor. Es ist zudem ein Fall, der an jeder Universität passieren kann. Wir unterscheiden uns nicht von anderen deutschen Universitäten.

Offenbar ist es aber kein Einzelfall. Veronika Saß, Tochter von Edmund Stoiber, wurde wegen Plagiats gerade der Doktortitel aberkannt, auch der FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin droht der Entzug. Was läuft grundsätzlich schief?

Ich sehe kein allgemeines Problem. Das sind Einzelfälle, die öffentliche Aufmerksamkeit für Doktorarbeiten von Politikern hat sich jedoch verstärkt.

Müsste sich nicht das antiquierte Verhältnis zwischen Doktorand und Betreuer ändern?

Ich sehe dieses Verhältnis nicht als antiquiert an. Ein arrivierter Wissenschaftler führt angehende Wissenschaftler an die Diskussion der Wissenschaftswelt heran. Einer Kontrolle der Öffentlichkeit sollte dieses Verhältnis nicht unterliegen.

Wie bitte? Das ermöglicht doch Willkür in jeder Form. Zum Beispiel bei der Notengebung.

Rechtliche Regeln und die Regeln guten wissenschaftlichen Arbeitens müssen natürlich eingehalten werden. Und es sollte eine möglichst gute Betreuung gewährleistet sein, unabhängig davon, ob es sich um eine externe Promotion handelt oder um strukturierte Doktorandenausbildung. Doch strengere Regeln und Kontrollen sind ohne konkreten Anlass nicht vonnöten. Doktorand und Doktorvater sind durch das gemeinsame Ziel der Erreichung eines möglichst guten Beitrags zur Wissenschaft verbunden.

Das stimmt doch nicht. Viele Doktoranden nutzen die Promotion als Karrieresprungbrett außerhalb der Wissenschaft.

Es ist richtig, dass in Deutschland der Titel traditionellerweise nicht nur der Eintritt in die Hochschulwelt ist, sondern auch Nachweis, dass man ein schwieriges Thema bearbeiten kann und daher besonders qualifiziert ist. Ich halte das für legitim.

Welche Konsequenzen müssen also die Universität und die Hochschulwelt ziehen?

Ich sehe keinen Anlass zu unmittelbaren Konsequenzen an der Universität, da es sich bei der Causa Guttenberg nicht um ein strukturelles Problem der Universität Bayreuth handelt. Die Kommission hat einige Empfehlungen abgegeben. Man kann diese Empfehlungen als willkommene Denkanstöße verstehen. Ich bin persönlich der Meinung, dass man alles auch so belassen könnte, wie es ist.

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6 Kommentare

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  • K
    Krendlm

    Wo bleibt eigentlich die öffentliche Diskussion darüber, ob die Betreuer durch Unterlassung hinreichender Prüfung der eingereichten Arbeiten allenfalls Beihilfe zu einem Rechtsbruch leisten oder nicht?

  • S
    schschschschuz

    Wieso wurde von Guttenberg nicht darauf hingewiesen, seine Doktorarbeit zu korrigieren, zu verbessern?

    Gibt es fuer Doktoren kein Gegenueber?

     

    Also eine neue schreiben?

  • D
    Der "Ausländer"

    Schon peinlich, wie sehr sich Her Klippel dagegen verwehrt, dass das deutsche Promotions-System nicht mehr zeitgemäss sei. In Deutschland ist die das Verhältnis zwischen Doktorvater and Doktorand deutlich hierarchischer und auch der Einfluss, den der Doktorvater auf den Erfolg der Promotion hat, deutlich grösser als im Ausland.

     

    Sowohl in den Niederland (wo ich selber promoviert habe) als auch in Finnland (wo ich an der Uni Helsinki arbeite) gibt es "Qualitätssicherungssysteme" in der Form von externen Gutachtern und Betreuern ("Doktoronkeln/tanten"), deren Aufage es ist, zu sehen, dass eine Doktorarbeit den wissenschaftlichen Anspruechen genuegt.

     

    Was ich mich frage ist, wie eine internationale Harmonisierung der Promotion nach dem Barcelona-Prozess wohl aussehen wird und wie sehr sich das deutsche System wohl ändern muss.

  • MZ
    Martin Zieher

    Alles so belassen wie es ist - mein lieber Herr Klippel, da reiten Sie aber einen bereits verwesten Gaul.

    In dieser Sturheit auf die berechtigten Einwände der Journalistin einzugehen, das ist doch einfach dreist.

    Darf ich vielleicht darauf hinweisen, dass keine der Universitäten, bei denen aktuell die Plagiatoren aufgeflogen sind, etwas zur Aufklärung beigetragen hat?

    Aber klar, für Herrn Klippel ist die universitäre Scheinwelt in Ordnung.

    Na dann, wünsche weiterhin wohl zu ruhen, im Schoße der Alma Mater und der Wissenschaft. AMEN.

  • R
    reblek

    "Einer Kontrolle der Öffentlichkeit sollte dieses Verhältnis nicht unterliegen." Wenn der Herr die "Kontrolle durch die Öffentlichkeit" meint, sollte er das auch sagen. Er will doch nicht im Ernst die Öffentlichkeit durch die Wissenschaft kontrollieren lassen.

  • D
    drui

    Unglaublich. Als Ombudsmann und Wissenschaftler zeigt Prof. Klippel ein erstaunliches Maß an Ignoranz und Selbstherrlichkeit. An der Uni Bayreuth muss noch nicht einmal eine eidestattliche Versicherung abgegeben werden. Das wäre die einfachste der möglichen Änderungen. Ansonsten sollten alle Dissertationen systematisch auf Plagiate untersucht werden, am besten schon vor deren Einreichung bzw. vor Zulassung zur Promotion. Und summa cum laude muss besonders intensiv untersucht und von mehr und objektiveren Personen als den gewogenen Betreuern begutachtet werden.