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■ Bayerns Justizminister Sauter widersetzt sich seiner EntlassungStoiber in der Bredouille

Edmund Stoiber hat am Wochenende seinen Justizminister entlassen, doch der will nicht gehen – ein einmaliger Vorgang, der den CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten erheblich in die Bredouille bringt. Denn Stoiber lebt von seiner Autorität. Wenn er im Bierzelt spricht, wird nicht gejubelt und gegrölt wie einst bei Franz Josef Strauß. Wenn Stoiber den Maßkrug hebt, dann nippt er nur. Die Bayern spüren, dass seine Volkstümlichkeit nur Masche ist, im Freistaat gilt er als „Preuße“. Geliebt wird er nicht, lediglich gewählt, weil er ein makelloses Image pflegt: fleißig, kompetent und sauber, sich selbst und seine CSU fest im Griff.

Sollte Stoiber sein Image als knallharter Macher verlieren, bleibt nicht viel übrig. Die Bayern werden nicht lange zu ihm halten. Dafür lieben sie ihn zu wenig. Man wird dem Ministerpräsidenten kaum nachweisen können, dass er persönlich in die leidige LWS-Affäre verwickelt war, über die der Justizminister jetzt stolperte. Aber Stoibers Ruf als fleißiger, allzeit kompetenter Profi hat Schaden genommen.

Vor einem Jahr wurde er über die Missstände bei der Wohnungsbaugesellschaft informiert. Den Brief hat er nicht gelesen, angeblich wurde er von seinem Büroleiter beantwortet. Stoiber, der sonst bei jedem Dorfbesuch über die lokalen Probleme Bescheid zu wissen vorgibt, will jahrelang nicht mitbekommen haben, wie eine halbstaatliche Gesellschaft den Bach runterging und 367 Steuermillionen verspielte. Um sich selbst vor dem Vorwurf der Mauschelei zu schützen, muss er jetzt zugeben, alles andere als kompetent und fleißig gewesen zu sein.

Innerhalb der CSU ist Stoibers Machtposition nicht unmittelbar in Gefahr. Zu unbeliebt ist der schwäbische Intrigant Sauter in der Partei, zu unsympathisch wirkt der Justizminister auch in der Öffentlichkeit. Doch die Art und Weise, wie der Rücktritt über die Bühne geht, ist neu in Bayern. Stoiber hat es nicht geschafft, die Affäre wie üblich still und leise zu bereinigen. Stattdessen wagte ein Minister den offenen Widerstand. Zum ersten Mal hat Stoiber nicht alles im Griff. Das verwirrt die Bayern – und es erinnert sie daran, wie Stoiber vor sechs Jahren an die Macht kam: nicht weil er so populär ist, sondern weil er sich mit Hilfe von parteiinternen Intrigen gegen seinen Rivalen Theo Waigel durchsetzte. Dass ausgerechnet Alfred Sauter dabei einer seiner eifrigsten Helfer war, macht die Sache nur noch schlimmer. Was, wenn der frustrierte Sauter ein paar Geschichten von damals erzählt? Lukas Wallraff

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