Bayerischer Grüner über Landesbank-Skandal: "Stoiber ist im Prinzip der Gott-Vater"
Der Grüne Sepp Dürr sieht in Sachen Landesbank eine Mischung aus Arroganz und Ignoranz wirken. Es sei Ex-Ministerpräsident Stoibers Geist gewesen, als bayerische Regierung alles besser zu wissen.
taz: Herr Dürr, schon vor zwei Jahren versuchten Sie, der Regierung Fehler nachzuweisen. Die Beschuldigten machten weiter wie zuvor. Warum sollte es diesmal anders werden?
Sepp Dürr: Der Untersuchungsausschuss hat seinerzeit schwere Versäumnisse nachgewiesen. Doch die CSU wollte davon nichts wissen. Die Quittung hat sie bei den Wahlen bekommen. Insofern war der erste Untersuchungsausschuss ein Erfolg. Heute distanziert sich die Regierung von dem, was früher falsch gelaufen ist. Und die Öffentlichkeit schaut ganz anders hin.
Sepp Dürr, 56, vertritt die Grünen im BayernLB-Untersuchungsausschuss. Der promovierte Literaturwissenschaftler und Biolandwirt war vor zwei Jahren schon einmal Mitglied in einem Untersuchungsausschuss zur Bayerischen Landesbank.
Hatten die Politiker im Verwaltungsrat der BayernLB überhaupt genug Wissen, um die Banker beim Kauf der Hypo Group Alpe Adria zu stoppen?
Ob sie es hatten, weiß ich nicht. Sie hatten aber jede Gelegenheit, sich dieses Wissen zu beschaffen. Wir haben schon sehr früh gewusst, dass da nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Es gab viele Hinweise, dass die HGAA eine Skandalbank ist.
Hat denn niemand kritische Fragen gestellt?
Beim ersten Untersuchungsausschuss haben wir mit Erschrecken die Verwaltungsratsprotokolle gelesen. Da gab es keine einzige Wortmeldung zu Milliardentransfers, keine einzige Nachfrage. Sie haben immer nur stumm abgenickt. Das ist aus meiner Sicht skandalös. So kann man nicht kontrollieren.
Welche Rolle spielte Edmund Stoiber?
Stoiber ist im Prinzip der Gott-Vater, der alles in die Wege geleitet hat. Sein Größenwahn machte diese Art von Geschäften in dem Ausmaß erst möglich. Zur Verdeutlichung: Die Landesbank hatte eine Bilanzsumme von 400 Milliarden Euro, unser Landeshaushalt nicht einmal 40 Milliarden. Stoiber hat sich aber auch konkret in den Kauf der HGAA eingeschaltet, das hat Jörg Haider ausgesagt.
Bei den Skandalen der Strauß-Ära haben sich Politiker persönlich bereichert. Das taten Stoibers Landesbank-Kontrolleure nicht. Was hat sie angetrieben?
Eine Mischung aus Arroganz und Ignoranz. Es war Stoibers Geist, als bayerische Regierung alles besser zu wissen. Gleichzeitig hat man die Fakten ignoriert und abgehoben regiert. Der HGAA-Skandal war entsprechend kein Betriebsunfall. Diese Bank neigte systematisch zu Unfällen.
Wie zufrieden sind Sie mit der Aufklärungsarbeit der aktuellen Regierung?
Die Verantwortlichen haben auch unter Horst Seehofer zu wenig getan, um das Debakel in den Griff zu bekommen. Die Frage ist, ob er und sein Finanzminister Georg Fahrenschon nicht früher schon die Reißleine hätten ziehen können. Sie versuchen noch immer, das Ausmaß des Schadens zu vertuschen. Fahrenschon hat sich laut Protokoll in einer Sitzung des Verwaltungsrats ganz übel hervorgetan, als er die Wirtschaftsprüferin Corinna Linner überredete, ihre kritische Bewertung zum Kauf der HGAA zurückzunehmen. Das hat das Vertrauen in ihn erschüttert.
INTERVIEW: BERNHARD HÜBNER
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