Baustelle Schönefeld: Airportknast fast pünktlich
Die Eröffnung des Flughafens verzögert sich um Monate - Flüchtlinge jedoch können von dort bald abgeschoben werden. Die Grünen kritisieren den Gefängnisneubau.
In den kommenden Tagen soll der Gefängnisneubau für Asylbewerber auf dem Flughafen Schönefeld fertig gestellt werden. Geplant hatte die Flughafengesellschaft, das Gebäude bereits am Sonntag dem Land Brandenburg zu übergeben. Anders als beim Flughafen wird hier jedoch nicht mit monatelanger, sondern nur mit einigen Tagen Verspätung gerechnet.
Brandenburgs grüne Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm, die sich gestern gemeinsam mit weiteren Politikern der Partei vor Ort umsah, kritisiert den Gefängnisneubau. „Wir Grüne lehnen das Verfahren komplett ab. In Schönefeld ist es völlig überflüssig und belastet den Steuerzahler“, sagt die Politikerin.
Der Gefängnisbau hat eine Kapazität von 30 Plätzen – bis Mai gab es in Schönefeld nur zwei Haftplätze. Im Mai wurde das bisherige Gebäude aus baulichen Gründen geschlossen, sodass derzeit Flughafenasylverfahren nicht möglich sind. „Es gibt keinerlei Indizien, dass in Zukunft so viele Haftplätze nötig sind“, sagt Behm. „Die Bundespolizei hat uns im Gegenteil gesagt, dass in diesem Jahr fünf und im letzten Jahr elf Menschen in Schönefeld ihr Asylbegehren vortrugen.“ Sie blieben jeweils nur wenige Tage vor Ort und durften dann ausnahmslos nach Deutschland einreisen. Überwiegend stammten sie aus schwierigen Herkunftsstaaten wie etwa Syrien.
Dass auch bundesweit immer weniger Menschen über Flughäfen einreisen, die zurückgewiesen werden, zeige die Sinnlosigkeit des vom Bundesinnenministerium forcierten Flughafenasylverfahrens. „Damit sollen Fakten für europaweite Diskussionen zum Asylrecht geschaffen werden.“ Der grüne Berliner Innenpolitiker Benedikt Lux, der ebenfalls vor Ort war, ergänzt: „Die Bundesregierung hat den Mitarbeitern vor Ort einen völlig sinnlosen Job aufgetragen.“
Initiative im Bundesrat
Kritisiert wird vonseiten der Grünen zudem, dass Brandenburg die Bundesratsinitiative gegen das Flughafenasylverfahren noch nicht auf den Weg gebracht hat. „Der Landtag hat der Regierung schon im Februar den Auftrag erteilt. Doch bis heute hat Potsdam nur einen Entwurf zustande gebracht“, sagt Behm. Mit der Bundesratsinitiative soll nach dem Willen von SPD, Grünen und Linken im Potsdamer Landtag das Schnellverfahren am Flughafen bundesweit abgeschafft werden. Asylbewerber, die über Flughäfen einreisen, sollen ihr Asylbegehren dann im Landesinneren vortragen dürfen: mit Rechtsmitteln, Beratungsangeboten – und ohne dabei inhaftiert zu sein. Im Erfolgsfall wäre der neue Asylknast komplett überflüssig.
Brandenburgs Innenministerium weist die Kritik jedoch zurück. Die Bundesratsinitiative sei in der Ressortabstimmung und komme in den nächsten Tagen ins Kabinett, sagt Sprecher Geert Piorkowski. „Danach werden wir sie gemeinsam mit Rheinland-Pfalz einbringen.“ Es habe bereits Vorabsprachen mit rot-grünen Bundesländern gegeben, die „optimistisch stimmen“.
Behm und Lux appellieren nun an Rot-Schwarz in Berlin, die Bundesratsinitiative gegen das „europaweit einmalige Flughafenasylverfahren“ mitzutragen. „Die SPD hat keine Meinung dazu und duckt sich weg“, kritisiert Behm.
Brandenburgs Innenministerium beziffert die monatlichen Mietkosten des Gebäudes für das Land auf 11.000 Euro, dazu kommen Kosten für Heizung und Reinigung. Personalkosten seien bis zur Eröffnung des Großflughafens nicht eingeplant: „Im Bedarfsfall kommt Personal aus Eisenhüttenstadt.“ Nach der Eröffnung des Großflughafens sehe das natürlich anders aus. Für Berlin fallen laut Innenverwaltung keinerlei Kosten an. Der Bund muss die Personalkosten für Richter, Bundespolizisten und Dolmetscher bezahlen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!