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Archiv-Artikel

Baumwolle & Casinos

Von PHI

„The Hospitality State“ steht auf den Mississippi-Autokennzeichen – Staat der Gastfreundschaft. In anderen US-Bundesstaaten zieren die Nummernschilder Sprüche wie „Sportsmen’s Paradise“ (Louisiana), „First in Flight“ (North Carolina) oder „The Beef State“ (Nebraska). Im Vergleich zu allen anderen Bundesstaaten, ist den knapp drei Millionen Einwohnern von Mississippi nicht viel mehr geblieben als ihre Gastfreundschaft. Das durchschnittliche Jahreseinkommen lag zuletzt bei 23.000 Dollar. Damit ist Mississippi der Ärmste aller US-Bundesstaaten.

Die Ursache für das schlechte Bildungssystem, die mangelhaften Straßen und eine Arbeitslosenquote von mehr als zehn Prozent ist für viele Menschen nach wie vor der 1865 verlorene Bürgerkrieg. Vorher war Mississippi einer der fünf reichsten Bundesstaaten der USA. Auf den Rücken der Sklaven war der Südstaat einer der größten Baumwollproduzenten der Welt. Der Bürgerkrieg befreite die Sklaven, hinterließ eine völlig zerstörte Infrastruktur und kostete in Mississippi mehr als 30.000 Menschen das Leben. Seitdem bemüht sich der Staat aufzuholen.

In Mississippi dauert alles etwas länger. Erst 1995 ratifizierte der Bundesstaat den 13. Verfassungszusatz, der in den USA die Sklaverei abschaffte. Offiziell abgeschafft ist die Sklaverei landesweit übrigens bereits seit Dezember 1865. Dafür wurden in den 1960er-Jahren die Segregationsgesetzte, die so genannten Jim Crow Laws in Mississippi besonders eifrig umgesetzt. Das sorgte sowohl für eine starke Bürgerbewegung als auch für regen Zulauf beim rassistischen Ku Klux Klan.

Da die Industrialisierung einfach nicht voranschreiten wollte, entschloss man sich Anfang der 1990er-Jahre, andere Geldquellen zu erschließen. Trotz des heftigen Widerstands der bibelfesten Bevölkerung wurde in einigen Regionen Mississippis das Glücksspiel erlaubt. Die Küstenstädte Gulfport und Biloxi entwickelten sich zu Spielermetropolen. Was den Glücksspielumsatz angeht, liegt Mississippi heute auf Platz zwei hinter Nevada. Richtig stolz ist man darauf freilich nicht. Als der Hurrikan „Katrina“ am 29. August 2005 die Golfküste heimsuchte, sahen einige Prediger darin eine Strafe Gottes für das unzüchtige New Orleans und das lasterhafte Biloxi. Mittlerweile sind die Casinos wieder aufgebaut. PHI