Baugruppen: Auf der Suche nach dem Glück

Das wichtigste für eine Baugruppe ist ein Grundstück. Doch die werden langsam rar. Immer mehr setzen sich deshalb aufs Fahrrad oder halten im Internet Ausschau nach unbebauten Brachen.

Baugruppen liegen bekanntlich im Trend. Kein Wunder, schließlich passt da alles unter ein Dach: individueller Grundriss, Terrasse und Garten, moderne Wohlfühlarchitektur, nette Nachbarn. Das ist zwar nicht "vorne die Friedrichstraße und hinten die Ostsee", wie Kurt Tucholsky einst scherzte, kommt dem aber recht nahe.

So begrenzt die Anzahl der erschwinglichen Ostseegrundstücke freilich ist, so rar gesät sind die Baulücken, auf denen die Baugruppen ihr Bauglück versuchen können. Von insgesamt noch1.000 innerstädtischen Grundstücken geht die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung aus. Erfasst werden sie im sogenannten Baulückenmanagement. Dort können Interessierte auch Informationen zum Grundstück bekommen - falls es der Eigentümer wünscht.

Da liegt der Haken, wie auf einem "Planungssalon" der Stadtplanerorganisation SRL und des Bundes Deutscher Architekten am Dienstagabend festgestellt wurde: "Die meisten Eigentümer wollen gar nicht verkaufen, die warten auf bessere Zeiten", hieß es da.

Wer in der Vergangenheit verkaufen wollte - ja sogar musste -, war der landeseigene Liegenschaftsfonds (Lifo). Damit auch Baugruppen an Lifo-Grundstücke kommen, hat Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) ein Test-Portfolio mit fünf Grundstücken ins Leben gerufen. Die sollen nicht, wie üblich, nach dem Höchstgebot verkauft werden, sondern nach dem meist niedriger liegenden Verkehrswert.

Doch selbst wenn der Senat dieses Portfolio ausweiten wollte - die landeseigenen Grundstücke werden immer weniger. Statt zum Liegenschaftsfonds radeln Bauwillige deshalb immer öfter durch ihren Lieblingskiez und nehmen Augenmaß.

Auch Architekten würden den "Akquiseblick" gerne üben, gehören sie in Berlin doch - mangels anderer Jobs - oft zu den Initiatoren von Baugruppen. Doch das ist nicht ganz einfach, wie Architekt Walter Nägeli weiß. "In solchen Fällen ist die Grenze zwischen der Arbeit eines Architekten und der eines Projektentwicklers fließend." Nur: Arbeitet ein Architekt als Projektentwickler, legt er nicht nur Schusters Leisten beiseite, er bekommt auch Ärger mit seiner Standesvertretung.

Ein Glück, dass es da jetzt Virtual Earth gibt. Die Microsoft-Alternative zu Google Maps bietet nicht nur Luftbilder, sondern auch Schrägansichten aus der Vogelperspektive. Das erleichtert die Suche nach dem geeigneten Baugruppengrundstück allgemein. Nicht nur Bäume, verwilderte Brachen oder Müllplätze sind da zwischen zwei Häuserwänden zu sehen, sondern auch Brandwände, Zufahrten, die ganze Dimension des Grundstücks also.

Und das ist nur der Anfang. Bald wird es im Netz bestimmt auch Infos geben zum Eigentümer, zum Bodenwert, zum Verkehrswert, zum Planungsrecht, zur Baudichte, zu den Mitbietern. Und wenn die 1.000 Grundstücke weg sind, suchen sich Baugruppen eben neue Spielplätze im Bestand. Ein Klick, und irgendein Programm zeigt an, welches Haus gerade leer steht.

Alles Zukunftsmusik? Iwo, meint Architekt Nägeli, ohne das Internet würden Baugruppen gar nicht zueinanderfinden. Kurt Tucholsky muss also dringend modernisiert werden: vorne die Friedrichstraße, hinten die Ostsee und drunter der DSL-Anschluss.

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