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Bauern-Klage gegen Shell abgewiesenIn Nigeria ist der kleine Bruder schuld

Ein Den Haager Gericht hat eine Klage von nigerianischen Bauern gegen Shell zurückgewiesen. Verantwortlich für die Öl-Verseuchung der Dörfer sei die Dependance vor Ort.

Die vier Bauern und Fischer werfen Shell vor, durch Öllecks in den Jahren 2005 bis 2007 drei Dörfer im Südosten Nigerias verseucht zu haben. Bild: dpa

DEN HAAG afp | Ein niederländisches Gericht hat eine Klage von vier Nigerianern gegen den Ölriesen Shell wegen der Verseuchung ihrer Dörfer zurückgewiesen. Für den Schaden sei allein Shell Nigeria verantwortlich und nicht der britisch-niederländische Mutterkonzern, befand das Zivilgericht in Den Haag am Mittwoch. In einem Fall müsse Shell Nigeria den Klägern Schadenersatz zahlen, alle anderen Fälle würden abgelehnt, erklärte Richter Henk Wien. Die Kläger können gegen das Urteil Berufung einlegen.

Die vier Bauern und Fischer werfen Shell vor, durch Öllecks in den Jahren 2005 bis 2007 drei Dörfer im Südosten Nigerias verseucht zu haben. Sie wollten den Mutterkonzern in Den Haag zur Beseitigung der Schäden sowie zu einer Entschädigung zwingen.

Es war das erste Mal, dass sich eine niederländische Firma in den Niederlanden für Schäden einer Niederlassung im Ausland verantworten sollte. Die niederländische Justiz erklärte sich im Jahr 2009 für die Klage zuständig. Mit seinem Urteil folgte Richter Wien nun der Argumentation des Konzerns, wonach allein sein nigerianisches Tochterunternehmen rechtlich zu belangen sei.

Umweltschutzgruppen hatten gehofft, mit einem Urteil gegen den Ölkonzern einen Präzedenzfall zu schaffen. Hätte das Gericht Shell verantwortlich gemacht, hätte dies hunderten ähnlicher Klagen Tür und Tor geöffnet.

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5 Kommentare

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  • X
    XXX

    Im Falle der Ölpest im Golf von Mexiko war der Betreiber der Ölplattform nicht einmal ein Tochterunternehmen von BP und trotzdem wurde BP zu riesigen Summen Schadensersatz verdonnert.

    Aber gegenüber armen Ländern kann man offenbar wie zu Kolonialzeiten herumwerken.

  • N
    noevil

    Hat denn das Gericht eine Möglichkeit der Revision für die Abgewiesenen zugelassen, oder hat es nur eine Klageflut gefürchtet, die es abzuwehren galt? Konnten sich denn die Richter nichts Schlimmeres als das vorstellen? Ich schon...

     

    Wer ist denn verantwortlich dafür, dass die Anlagen seit vielen vielen Jahren weder gewartet noch repariert wurden, ganz zu schweigen davon, sie abzubauen und eine weitere Nutzung von Landflächen den Menschen dort wieder zu ermöglichen.

     

    Shell (wie auch andere Ölfirmen) benahm und benimmt sich genau so, wie wir es von unseren Mietnomaden erleben. Die Vermieter hierzulande erfahren in solchen Fällen unser vollstes Verständnis, während die Bewohner des Nigerdeltas, die weder zuvor gefragt, noch an irgendwelchen Einnahmen beteiligt wurden, von einem Teil von uns - wenn überhaupt - nur mit einem Achselzucken bedacht werden.

     

    Ich weiss nicht, ob Klagen vor einem höher angesiedelten Gerichtshof möglich oder aussichtsreich wären. Zu hoffen ist es - und dass sich Kläger finden. Fairness und das Recht auf Rückgabe eines weiter nutzbaren Landes und Wassers sind offenbar weltweit kein Menschenrecht. Eine Ohrfeige für die, die ihre Hoffnung in solche Gerichte setzen, die nicht nur reduzierte Gewinnerwartungen der Ölmultis, sondern auch eine gesunde Zukunft der Menschen im Nigerdelta und in immer mehr bedrohten Arealen unserer Welt im Auge haben.

     

    Das war ein beschämendes, bitteres Urteil mit Signalwirkung!

  • D
    D.J.

    Ein nicht ganz unwichtiges Detail erfährt man in Spon: Es ging nicht um einfache Lecks, sondern um Verseuchungen, die durch Sabotage entstanden sind. In einem von vier Fällen wurde nun geurteilt, dass die Sicherheitsvorkehrungen gegen Sabotage nicht ausreichend gewesen seien. Allerdings bleibt auch dort unklar, ob es sich um politische Sabotage handelte oder um das Problem des kostenlosen Ölanzapfens mit der Einstellung "nach mir die Sintflut". In jedem Fall ein Verbrechen. Das nur als kleine Info für die Zeitgenossen, für die immer und zu jeder Zeit der böse Kapitalist aus dem Westen bzw. Norden der Schuldige ist.

  • M
    menschenfreund

    Gewinne und/oder Verluste (so sie sich rechnen) der Firmen und ihrer Töchter werden nach Belieben hin- und her geschoben.

    Nur die Verantwortlichkeit bleibt vor Ort.

    Es darf dann in solchen Fällen auch mal eine Niederlassung konkurs gehen. Wäre ja noch schöner, wenn man für seine Sauereien auch noch gerade stehen müßte...

  • KU
    Korruption und Geldgier kennt keine Grenzen

    Mal sehen was für Tochterfirmen gegründet werden, die in der EU mit giftigen Chemikalien Öl aus dem Gestein holen und dabei unsere Böden und Gewässer vergiften.