Bauanleitungen für Sprengsätze im Netz: Bomben in Schnellkochtöpfen
Sowohl Islamisten als auch Maoisten benutzten für Anschläge Bomben wie die in Boston. Anleitungen findet jeder im Internet.
BERLIN taz | Schnellkochtöpfe sollen laut FBI beim Anschlag auf den Bostoner Marathon benutzt worden sein, gefüllt mit Schwarzpulver sowie Nägeln und Kugellagern, die sich tief in die Körper der Opfer bohrten. Nun glauben einige, dass bereits die Bauart der Bombe auf einen islamistischen Hintergrund der Bluttat hinweise. Doch solche Schlüsse sind voreilig.
Was stimmt: In einem im Sommer 2010 im Internet veröffentlichten Heft der al-Qaida im Jemen ist eine Anleitung abgedruckt, wie man aus relativ einfach zu beschaffenden Bestandteilen eine Splitterbombe bauen kann. Für die Bombe, so wird empfohlen, solle man Rohre, Feuerlöscher oder aber einen Schnellkochtopf benutzen. Diesen Druckbehälter solle man neben Schwarzpulver mit Metallteilen befüllen, um die Wirkung zu verstärken. Auf einem Foto neben der Anleitung ist ein Rucksack zu sehen, der an einem öffentlichen Platz deponiert wird.
Es klingt wie eine Blaupause für Boston. Ein Hinweis auf einen islamistischen Hintergrund ist es trotzdem nicht. Denn jeder kann sich diese – englischsprachige – Anleitung herunterladen. Und: Auch in anarchistischen und rechtsextremen Publikationen finden sich Tipps zum Bau ähnlicher Bomben, wenn auch mit Variationen. Die NSU-Terroristen füllten für einen Anschlag 2004 in Köln Schwarzpulver und Nägel in eine leere Gasflasche.
Explizit vor Schnellkochtopfbomben hat das US-Heimatschutzministerium bereits 2004 gewarnt. Deren Bau werde Islamisten in Terrorausbildungslagern in Afghanistan beigebracht. Aber auch in anderen Ländern seien solche Bomben bereits eingesetzt worden, etwa in Nepal – von maoistischen Rebellen.
Die gleiche Bauart
Im Juli 2010 warnte das US-Heimatschutzministerium gemeinsam mit dem FBI erneut vor Schnellkochtopfbomben. In Pakistan sei eine solche bei einem Anschlag auf eine christliche Hilfsorganisation benutzt worden, bei dem sechs Menschen starben. Auch eine der Bomben des gescheiterten Times-Square-Attentäters vom 1. Mai 2010 habe diese Bauart gehabt.
In Deutschland wurden ebenfalls bereits Islamisten verurteilt, die mit einer Schnellkochtopfbombe einen Anschlag verüben wollten. Die vier Männer wurden im Dezember 2000 in Frankfurt festgenommen. Ihr Plan, so stellte ein Gericht 2003 fest: auf dem Weihnachtsmarkt in Straßburg die Bombe zu zünden. Herumfliegende Metallteile hätten ein Blutbad angerichtet – wie nun in Boston.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Mehr Zugverkehr wagen
Holt endlich den Fernverkehr ins Deutschlandticket!
Vorteile von physischen Spielen
Für mehr Plastik unterm Weihnachtsbaum
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Jette Nietzard gibt sich kämpferisch
„Die Grüne Jugend wird auf die Barrikaden gehen“