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Bau-Projekt am SpreeuferBildungsbunker unter Beschuss

Kritik am geplanten Neubau des Bundesbildungsministeriums an der Spree: Der Baustadtrat von Mitte erwartet von dem Entwurf "schreckliche Langeweile".

Hier ist bald ausgefeiert, hier wird bald Bildung gemacht: Bundespressestrand am Kapelle-Ufer. Bild: dpa

Der Baustadtrat des Bezirks Mitte, Ephraim Gothe (SPD), hat den geplanten Neubau des Bildungsministeriums an der Spree kritisiert. "Was bisher bekannt ist, verspricht schreckliche Langeweile am Kapelle-Ufer", sagte Gothe der taz. Die Fassade wirke abweisend, das Gebäude schirme sich von der Öffentlichkeit ab, monierte er. Der Politiker stellte klar, das beauftragte Architekturbüro Heinle, Wischer und Partner sei als hoch qualifiziert bekannt. Den vorliegenden Entwurf wolle er aber so nicht verwirklicht sehen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hatte jüngst mitgeteilt, seine drei Berliner Standorte am Spreebogen zusammenzuziehen.

Auf seiner Internetseite hat das Ministerium eine erste Vorstellung von dem Entwurf gegeben: Zu sehen ist eine breite, hohe Fassadenfront, die in der Mitte unterbrochen und flacher gehalten ist. Das Gebäude soll auf dem südöstlich an den Humboldthafen anschließenden Areal enstehen, vis-à-vis von Kanzleramt und Reichstag. Ab dem kommenden Jahr soll gebaut werden. Der Bebauungsplan befinde sich aber noch in der Abstimmung, sagte der Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Mathias Gille. "Das Ganze ist noch nicht in dem Maße in trockenen Tüchern, wie es das Ministerium darstellt." Wann genau sich das Abgeordnetenhaus mit der Vorlage befassen werde, sei noch unklar. Grundsätzlich entscheidet das Land, wie auf dem Filetgrundstück am Spreeufer gebaut werden darf. Da es sich bei dem Ministeriumsgebäude um einen Teil der Hauptstadtplanung handelt, hat allerdings auch der Bund ein Wörtchen mitzureden.

Der geplante Neubau mit 54.000 Quadratmetern soll Platz für 1.000 Arbeitsplätze bieten - er böte damit genügend Raum für alle Mitarbeiter des BMBF in Bonn und Berlin. Derzeit ist dem Ministerium zufolge indes nicht geplant, die beiden Standorte zusammenzuziehen. Ein Großteil der Bürofläche soll deshalb vermietet werden. Die Stuttgarter Architekten Heinle, Wischer und Partner sind in Berlin keine Unbekannten: Sie haben zum Beispiel das Besucher- und Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors" und die Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund gebaut.

Wo der Wurm drin ist

Wie jetzt der Entwurf für das neue Bildungsministerium am Kapelle-Ufer sind beinahe alle Planungen rund um Hauptbahnhof und Humboldthafen umstritten. Die Qualität der Hotelarchitekturen am Bahnhofsvorplatz nannte Architekt Hans Kollhoff "katastrophal". Auch Senatsbaudirektorin Regula Lüscher musste einmal zugeben, dass baulich im Bahnhofsviertel "der Wurm drin ist".

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Die vorgesehenen Bauten am Washingtonplatz lassen auf sich warten. Klaus Wowereits Traum von der neuen städtischen Kunsthalle am östlichen Humboldthafen-Ufer ist geplatzt, ebenso die Vorstellung von Investoren für Geschäfts- und Büroriegel direkt am Hafenbecken. Im Bau befindet sich ein banaler Entwurf für den Total Tower nördlich des Eisenbahn-Glasriegels als Tor zur "Europacity" an der Heidestraße.

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Die Ausnahme bildet bis jetzt der Entwurf für ein mäanderndes Büroensemble der Frankfurter Architekten KSP/Jürgen Engel neben dem Grundstück für das Bildungsministerium. Er ist bisher das einzige Highlight an einem Ort, wo ein höherer Anteil von Wohnungen und deutlich mehr Qualität notwendig wären, wie Michael Braun von der Bundesstiftung Baukultur fordert. (rola)

Als Musterbeispiel, wie sich ein Neubau zur Stadt hin öffnen könne, verwies Gothe auf das Projekt der niederländischen OVG Real Estate am Humboldthafen - in unmittelbarer Nachbarschaft des künftigen Amtssitzes von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU). Senatsbaudirektorin Regula Lüscher hatte für diesen Standort auf einen Wettbewerb gedrungen. Entstanden ist ein mäandernder Hochbau mit verschieden breiten Streben zwischen den Fenstern. Zum Hafenbecken hin öffnet sich das Gebäude, außerdem sollen bis zu 17 Meter breite öffentliche Durchgänge zu den angrenzenden Straßen entstehen. In den oberen Stockwerken sind Büros geplant. Auch hier sollen die Bauarbeiten im kommenden Jahr beginnen. Im Gespräch für den Standort war immer wieder das Bundesgesundheitsministerium gewesen; anders als Schavans Haus hat es den Umzug an Spree und Hauptbahnhof aber bisher nicht bestätigt.

Die Nachfrage nach Restaurants und Bars am Wasser wäre auch am BMBF gegeben. Immerhin verschwindet durch den Neubau ein Freiluft-Treffpunkt, der sich in den vergangenen Jahren etabliert hat: Der Bundespressestrand schließt nach diesem Sommer. Die Betreiber hatten von vornherein einen befristeten Vertrag. Geschäftsführerin Johanna Ismayr plant nun, im kommenden Frühjahr an einem anderen Standort in Mitte wiederzueröffnen. Wo genau, darüber werde derzeit verhandelt, so Ismayr zur taz.

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