Bau-Desaster: Tiefwasserhafen startet später
Der Jade-Weser-Port geht erst Ende September in Betrieb. Das beschlossen die Länderchefs auf einem Krisentreffen. Nun beginnt der Streit um die Verantwortung.
BREMEN taz | Seit Dienstagabend steht fest: Der Start des Tiefwasserhafens Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven wird vom 5. August auf Ende September verschoben. Die baulichen Mängel sind zu groß, über 200 Risse an der Kaimauer verzögern die Inbetriebnahme.
In Niedersachsen und Bremen beginnt nun das Hauen und Stechen um Verantwortlichkeiten. In Hannover übt die Landtagsopposition massive Kritik am Krisenmanagement der schwarz-gelben Landesregierung – besonders an Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP), der bis zuletzt trotz immer neuer bekannt gewordener Mängel am Eröffnungstermin festgehalten hat.
Das Eingreifen von Ministerpräsident David McAllister (CDU) und die Terminverlegung markiert für die SPD vor allem Bodes „Scheitern“, erklärt SPD-Vizefraktionschef Olaf Lies. Er fordert Bodes Rücktritt als Minister sowie als Aufsichtsratsvorsitzender der Jade-Weser-Port-Realisierungsgesellschaft.
Auch Linksfraktion und Grüne sehen den FDP-Mann „blamiert“. Schon seit Monaten habe sich abgezeichnet, dass die „Sanierungsarbeiten zu spät begonnen wurden und der Eröffnungstermin eine Fiktion“ war, sagt der Grünen-Wirtschaftspolitiker Enno-Hagenah. Jetzt müsse offengelegt werden, welche finanziellen Schäden und Risiken die Verschiebung des Starts bedeute. Hagenah rechnet mit Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe für Sanierungsarbeiten und den Ausfall von Hafengebühren.
Schlosssprengungen - Risse in der Hafenkaje - sind für die Bauverzögerung des Jade-Weser-Ports verantwortlich.
Ursache sind nicht passgenau eingelassene Tragbohlen, die zwischen die Spundwand-Platten (Füllbohlen) gesetzt wurden. An mehr als 200 Stellen passten die Füllbohlen nicht und sprangen aus den Scharnieren.
Zur Behebung der Schäden bringen Spezialtaucher jetzt Stahlplatten für eine 450 Meter lange Wand aus Unterwasser-Beton an.
In der Bremischen Bürgerschaft hat die CDU unterdessen die Ablösung von Staatsrat Heiner Heseler (SPD) gefordert. Jörg Kastendiek, hafenpolitischer Sprecher der CDU, warf Heseler vor, seine Kontrollfunktion als Aufsichtsratsmitglied der Jade-Weser-Port-Realisierungsgesellschaft nicht wahrgenommen und die Öffentlichkeit falsch informiert zu haben. Die bisherige Entwicklung sei „ein Desaster und ein Kommunikationsgau“, so Kastendiek.
Sowohl die SPD als auch die Grünen stellten sich hinter den Staatsrat. Heseler habe in jeder Hafenausschusssitzung stets detailliert und transparent berichtet. Die Verantwortung läge vor allem bei der Geschäftsführung der Realisierungsgesellschaft, die für die Kommunikation mit den Baufirmen zuständig sei.
Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) sieht vor allem die Baufirma Bunte in der Pflicht: „Die Frage wird bleiben, ob überhaupt Kosten bei den Ländern bleiben.“ Es sei angesichts der Probleme, die es bereits seit zehn Jahren gebe, falsch gewesen, sich auf den 5. August als Eröffnungstermin festzulegen. Die Verschiebung des Hafenstarts um acht Wochen sei „lediglich eine Fußnote in der Baugeschichte des Jade-Weser-Ports“.
Klaus-Rainer Rupp von der Linkspartei zweifelt allerdings am neu gesteckten Zeitrahmen: „Niemand weiß, wie lange es dauern wird, die Schäden zu reparieren“, sagte er. Ein neuer Termin müsse anhand technischer Daten erst noch ermittelt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!