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Bart- und Klunkerboykott

Insektenplage, Wirtschaftskrise und Absagen beeinträchtigen die gestern in Thailand eröffneten 13. Asienspiele  ■ Aus Bangkok Jutta Lietsch

Bis zur letzten Sekunde dauerten die Vorbereitungen der gestern von König Bhumibol eröffneten Asienspiele, die im Vorfeld von erstaunlichen Skandalen und unerwarteten Hindernissen begleitet waren. Daß die afghanische Delegation empört absagte, weil sich die Athleten nicht, wie bei manchen Sportarten vorgeschrieben, von ihren Bärten trennen wollten, gehörte noch zu den geringsten Problemen. Auch daß die Saudis fernbleiben, ist nur ein bißchen peinlich: Jeder weiß hier ohnehin, daß die diplomatischen Beziehungen zwischen Thailand und dem Wüstenreich bös gestört sind. Der alte Skandal um den Juwelenraub beim saudischen Prinzen und den anschließenden Mord an drei saudischen Diplomaten in Bangkok ist immer noch nicht aufgeklärt. Die Saudis schmollen, weil sie gefälschte Klunker zurückerhielten, während die echten unter anderem auf dem Dekolleté der Ehefrau eines hohen thailändischen Polizisten auftauchten.

Alpträume lösten bei den Thailändern ganz andere Probleme aus: Als die Flutlichter des großen Schwimmbeckens am Stadtrand von Bangkok vor ein paar Tagen erstmals angeschaltet wurden, kam plötzlich der Himmel in Bewegung. Millionen Fliegen und Mücken schwirrten herbei, angezogen vom glitzernd ruhenden Wasser. Soviel Gift die verzweifelten Organisatoren auch versprühten, so schnell sie die toten Viecher auch aus dem Wasser siebten, so unerbittlich surrten immer neue Schwärme herbei; wie eine boshafte Erinnerung daran, daß man offene Swimmingpools nicht in ein ehemaliges Sumpfgebiet bauen sollte. Nur einer konnte der Mückenplage etwas Gutes abgewinnen: Thailands Gymnastik-Trainer Sampan behauptete fröhlich: „In thailändische Haut stechen sie nicht.“

Viele Räucherstäbchen sind in den letzten Tagen verbrannt, viele duftende Girlanden vor die Buddhaschreine der Stadt gelegt worden, um die Geister gnädig zu stimmen: Sie mögen doch bitte das in letzter Minute fertiggestellte Pressezentrum funktionieren lassen und Stromschwankungen verhindern, die Computer und Anzeigentafeln lahmlegen. Die Fahrer der dreirädrigen Tuktuks im Sportlerdorf sollen ihr Geld bekommen und aufhören zu streiken. Und wichtigste Bitte: Die SportlerInnen und ZuschauerInnen mögen auf dem Weg zu den drei Veranstaltungszentren nicht im berüchtigten Verkehr Bangkoks steckenbleiben. Zwar ist gerade noch eine wichtige Verbindungsstrecke fertig geworden, die auf Stelzen über das Häuser- und Straßengewirr führt. Aber die versprochene S- Bahn wird noch lange nicht fahren. Sie fiel den zahlreichen Korruptionsskandalen unter den ständig wechselnden Regierungen der letzten Jahre zum Opfer, und am Ende der Wirtschaftskrise.

Angesichts des knappen Geldes werden die Veranstalter auch nicht verbieten, bei den Spielen Bier auszuschenken und damit riskieren, daß berauschte Hooligans die gerade fertiggestellten Stadien zerkleinern. Schließlich gehört der dänische Bierbrauer Carlsberg zu einem der elf großen Sponsoren, die besonders wichtig sind, da die Einnahmen aus den Fernsehübertragungen voraussichtlich nur zehn Millionen Dollar betragen werden. Insgesamt sagten vierzehn Länder ab. Vielen fehlt angesichts der Asienkrise schlicht das Geld. Vietnams AthletInnen müssen sofort nach ihren Wettkämpfen wieder nach Hause fliegen, um die Kosten für die Unterkunft im hochgelobten Sportlerdorf zu sparen.

Neben dem in Thailand überaus beliebten Snooker wird auch in anderen exotischen Disziplinen um Medaillen gekämpft. Mit dabei sind zum Beispiel die chinesische Kampfsportart Wushu und das thailändische Sepak Takraw, bei dem die Spieler einen Rattanball nur mit dem Kopf und den Beinen über ein Netz befördern dürfen. Über 6.000 SportlerInnen aus 41 Ländern nehmen teil, China, Japan und Süd-Korea haben die besten Chancen beim Kampf um die 377 Goldmedaillen in 36 Sportarten. Die ChinesInnen schworen nach den Doping-Skandalen der letzten großen Treffen, diesmal clean zu bleiben.

Mit großer Vorfreude wird das Fußball-Turnier erwartet. Das Spiel mit der runden Lederkugel auf dem grünen Rasen ist im Fernen Osten hochbrisant: Zum einen verwetten die Zuschauer Haus und Hof, zum anderen pflegen manche Kicker recht ungewöhnliche Strategien: So schossen die Indonesier jüngst bei einem Turnier absichtlich ein Eigentor, um im nächsten Spiel nicht gegen die gefürchteten Vietnamesen antreten zu müssen.

Auch das Auftreten der Nordkoreaner könnte spannend werden. Ihr Ruf ist angeschlagen, seitdem die Boxer bei den Asienspielen vor acht Jahren in Peking die Ringrichter schwer verprügelten, weil sie so ungern verloren.

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