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Bankenkritiker planen liebe Bankparade

Die „Initiative Berliner Bankenskandal“ will mit weiteren Veröffentlichungen und einer musikalischen Demo die Verantwortlichen auf Trab halten. FU-Präsident warnt den Initiator Grottian vor strafrechtlichen Konsequenzen

Die „Initiative Berliner Bankenskandal“, die mit der Veröffentlichung von rund 150 prominenten Fondszeichnern der Bankgesellschaft für Furore gesorgt hat, wird keine Sommerferien machen. Im Juli/August will die Bürgerinitiative um den FU-Professor Peter Grottian und den Attac-Aktivisten Birger Scholz eine „Strategie der kleineren Nadelstiche“ fahren, während im September/Oktober eine „massive Einmischung“ ansteht. Das geht aus einem internen Strategiepapier hervor, das der taz vorliegt.

So arbeitet die Initiative derzeit mit Hochdruck daran, eine Liste Berliner Fondszeichner zu erstellen und zu veröffentlichen. Wie berichtet, hatte die Bankgesellschaft seit Mitte der 90er-Jahre Immobilienfonds mit weit über das marktübliche hinausgehenden Garantien aufgelegt. Diese Fonds, zumeist öffentlich zugänglich, zeichneten rund 70.000 Anleger. Die Fonds schreiben allerdings Verluste; für die den Anlegern garantierten Gewinne tritt nun das Land Berlin mit einer Bürgschaft von 21,6 Milliarden Euro ein.

Des Weiteren plant die Initiative eine repräsentative Umfrage in Berlin zum Bankenskandal und will Verbände, Kirchen, Gewerkschaften und weitere Institutionen zu „späten Wortmeldungen“ auffordern. Zudem sammelt die Initiative Namen von Fondszeichnern, die bereit sind, ihre Fonds zurückzugeben oder auf Sonderkonditionen zu verzichten. „Damit soll ein positives Signal gesetzt und zur Nachahmung aufgefordert werden“, heißt es. Ziel ist allerdings, dass die Bank selber in einer groß angelegten Aktion an die Fondseigner herantritt.

Die Initiative will aber nicht nur an die Fondszeichner der Bankgesellschaft herantreten, sondern auch an Manager des Instituts. So sollen Versicherungsunternehmen, die „belastete Manager und Aufsichtsratsmitglieder“ absichern, durch „Androhung von Reputationsverlust des Versicherungskonzerns“ zur Aufhebung bestehender Verträge gebracht werden. Für Ende August plant die Bürgerinitiative einen so genannten Ratschlag mit von Kürzungen betroffenen Gruppen und Projekten. Dort wollen die betroffenen Projekte in den Kiezen und die Bürgerinitiative eine gemeinsame Proteststrategie entwicklen.

Die heiße Phase ihrer Kampagne beginnt für die Bürgerinitiative im September. Neben öffentlichen Anhörungen, Expertenrunden und Gutachterpräsentationen ist im September eine Demonstration zu Verantwortlichen des Bankenskandals im Grunewald geplant. Der Charakter der umstrittenen Demonstration soll „ernsthaft, vereimernd und spaßvoll“ sein. Mit von der Partie: ein Tieflader mit Musikgruppe. Das vorläufige Motto des Grunewaldspaziergangs: „Love Parade – wir lieben unsere Banker und Politiker“.

Der FU-Politologie-Professor und Mitbegründer der Initiative Peter Grottian hat unterdessen ein Schreiben des FU-Präsidenten Peter Gaehtgens erhalten, in dem ihm indirekt straf- und dienstrechtliche Konsequenzen angedroht werden. Die Initiative hatte Schreiben an Fondszeichner mit Freistemplern der FU frankiert; betroffene Anleger hatten Gaehtgens darauf aufmerksam gemacht. Gaehtgens wirft jetzt Grottian vor, „öffentliche Mittel zweckentfremdet und damit den Straftatbestand der Untreue erfüllt zu haben“. Der langjährige FU-Professor soll bis zum 29. Juli eine Stellungnahme abgeben. Grottian sagte der taz, er werde die Portokosten der FU zurückerstatten. „Ich halte es aber für meine Dienstpflicht und Aufgabe als Professor für Politische Wissenschaft, mich in politische Auseinandersetzungen bewusst einzumischen.“ Bereits der Nestor des Faches, Ernst Fraenkel, habe angemahnt, dass ein guter Politologe auch anstößig sein müsse. RICHARD ROTHER

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