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Bankenkrise"Es kommt kein Weltfinanzcrash"

Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister zur Wirksamkeit der milliardenschweren Zentralbank-Maßnahmen.

Sinken die Aktienkurse weiter, könnte die deutsche Wirtschaft darunter leiden, meint Stephan Schulmeister. Bild: wifo
Reiner Metzger
Interview von Reiner Metzger

taz: An einem Tag haben die Zentralbanken weltweit über 100 Milliarden Euro ins Bankensystem gepumpt. Woher kommt das Geld?

Stephan Schulmeister: Im Prinzip schöpfen die Notenbanken das Geld aus dem Nichts. Sie können fast beliebig Kredite an Banken vergeben. Diese müssen allerdings später zurückgezahlt werden.

Warum dann der ganze Aufwand?

Weil es über Nacht einen Liquiditätsengpass bei manchen Banken gab. Banken bilanzieren jeden Abend ihre Konten und haben dann entweder Geld übrig oder brauchen welches. Zum Ausgleich leihen sie sich gegenseitig sogenannte Taggelder. Wenn nun einige Bankhäuser nervös werden und an bestimmte Kollegen nicht mehr verleihen wollen, droht ein Dominoeffekt.

Der Grund dafür war die viel geschmähte Krise am US-Hypothekenmarkt?

Das war nur der Auslöser. Im Hintergrund warten die professionellen Marktteilnehmer nur darauf, dass die Kurse fallen. Es kann ja nicht immer nur nach oben gehen, die Aktienmärkte können sich nicht immer weiter beschleunigen. Wenn irgendwo etwas passiert, gibt es dann Überreaktionen.

Klingt ja nicht schön für den kleinen Sparer.

Es kommt kein Weltfinanzcrash. Aber es ist eine prekäre Situation. Weil die Notenbanken nun schon einiges an Pulver verschossen haben.

Wie sind die Auswirkungen auf die Realwirtschaft?

Wenn sich der Kursrutsch ähnlich wie 2000 fortsetzt, wird die reale deutsche Wirtschaft massiv in Mitleidenschaft gezogen. Da können die Geschäfte etwa mit China boomen, wie sie wollen.

Warum?

Einfach deswegen, weil Unternehmen wie Siemens oder Allianz gewaltige Vermögen auf den Finanzmärkten halten. Wenn die jetzt um 30 Prozent entwertet werden, dann haben die Firmen ein Bilanzproblem. Dasselbe sah man in Deutschland 2001. Da gab es eine große Entlastung durch eine Steuerreform, die überhaupt nicht zu Investitionen geführt hat - weil man das zusätzliche Geld vom Staat zur Konsolidierung der vom Aktienzusammenbruch in Mitleidenschaft gezogenen Bilanzen verwendet hat.

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