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"Bank des Südens"Die Weltbank-Alternative

Mit sieben Milliarden Dollar Kapital haben sieben Länder Lateinamerikas die "Bank des Südens" gegründet. Doch die Debatte über Rechte und Pflichten der Mitgliedsstaaten dürfte jetzt erst beginnen.

Die Staatschefs der Gründungsmitglieder beim Handschlag am Sonntag Bild: rtr

BUENOS AIRES taz Für Hugo Chávez ist sie Teil des Unabhängigkeitkampfes, für Luiz Inácio Lula da Silva „ein wichtiger Schritt zur finanziellen Autonomie Südamerikas.“ Sechs südamerikanische Staaten haben am Sonntagabend in Buenos Aires die Bank des Südens gegründet. An der Banco del Sur beteiligen sich Brasilien, Argentinien, Venezuela, Bolivien, Ecuador, Paraguay und Uruguay. Uruguays Präsident Tabaré Vázquez wollte erst am Montag die Gründungsakte unterschreiben.

Mit der regionalen Entwicklungsbank wollen die sieben eine größere Unabhängigkeit, vor allem von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) erreichen. Mit Krediten, deren Vergabe nicht an eine bestimmte Wirtschaftspolitik oder an Bedingungen wie denen des IWF geknüpft sind, wollen die beteiligten Staaten in der Region das Wachstum weiter verstärken. Kredite können auch für soziale Maßnahmen beantragt werden, die dazu beitragen, die Ungleichheit und Armut in der Region abzubauen.

Zwar wird überall verlautbart, die Bank werde mit einem Kapital von rund sieben Milliarden US-Dollar an den Start gehen. Davon sollen Brasilien und Venezuela jeweils zwischen zwei und drei Milliarden US-Dollar bereitstellen, Argentinien rund 800 Millionen. Das Geld soll aus den Währungsreserven der sieben Staaten kommen. Was die Präsidenten in Buenos Aires jedoch tatsächlich zum Leben erweckt haben, scheint noch immer Gegenstand zäher Verhandlungen zu sein. 2008 soll die Bank zwar ihre Geschäftstätigkeit aufnehmen, aber die genauen Zahlen und die Höhe der Beteiligungen sollen in den nächsten 60 Tagen ausgehandelt werden.

Sicher ist nur, dass der Hauptsitz der Bank in der venezolanischen Hauptstadt Caracas sein wird, Filialen werden in Buenos Aires und La Paz eingerichtet. Den Aufsichtsrat bilden die sieben Finanz- und Wirtschaftsminister, voraussichtlich mit gleichem Stimmrecht unabhängig von der Höhe der Finanzeinlage. Letzteres wird von Brasilien bereits in Frage gestellt. Und die vorgesehenen sieben Milliarden rückte Ecuadors Präsident Rafael Correa am Sonntag schon mal zurecht. „Die Zentralbanken Lateinamerikas haben mehr als 250 Milliarden US-Dollar aus Sicherheitsgründen in der so genannten ersten Welt angelegt,“ sagte Correa zu seinen Amtskollegen.

Die Gründung der Bank war schon mehrfach verschoben worden. Am 22. Februar war das Vorhaben in der argentinischen Hauptstadt auf den Weg gebracht worden. Damals unterzeichneten Venezuela und Argentinien die Absichtserklärung zur Gründung der Bank. Die treibende Kraft hinter dem Vorhaben ist von Beginn an Venezuelas Präsident Chávez. Der linke Staatschef wird jedoch vor allem von den Konservativen in den Beitrittsländern mit großem Argwohn betrachtet.

Zudem sorgt er selbst in der Region immer wieder für Wirbel. So musste Brasiliens Staatspräsident Luiz Ignácio Lula da Silva zunächst den harten innenpolitischen Widerstand der Opposition überwinden, bevor er Anfang März die Verhandlungen über die Beteiligung seines Landes beginnen konnte. Für Lula geht es auch um die Vormachtstellung in der Region, die Venezuela den Brasilianern streitig zu machen droht.

Im Mai hatten dann Brasilien, Argentinien, Venezuela, Bolivien und Ecuador die Gründung der Bank beschlossen. Kurz danach beschimpfte Chávez die brasilianischen Senatoren als „Papageien“ der US-Regierung. Prompt geriet das Vorhaben ins Stocken. Die für Juli geplante Gründung der Bank musste auf den 3. November verschoben werden. Und weil der Teufel im Detail steckt, konnte auch bis dahin keine unterschriftsreife Gründungsakte vorgelegt werden.

Kolumbien hat vorerst seine Beteiligung abgesagt. Die als US-freundlich bekannte Regierung in Bogotá hatte ihre Beteiligung ohnehin sehr spät angekündigt. "Vielleicht später dann, wenn wir die Einzelheiten und genauen Bedingungen für die Mitgliedschaft wissen," ließ Kolumbiens Außenminister Fernando Araujo am Mittwoch über den Rundfunk verbreiten.

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