Bangladeschs Islamisten in der Defensive: Erfolgreicher Protest für harte Urteile

Immer wieder forderten hunderttausende Demonstranten die Todesstrafe für einen islamistischen Kriegsverbrecher. Jetzt hat die Regierung mit einer Gesetzesreform reagiert.

Dhaka am Samstag: Auch die Beisetzung des ermordeten Bloggers Rajib Haider wird zum Protest für härtere Urteile gegen islamistsische Kriegsverbrecher. Bild: Reuters

BANGKOK taz | Die Regierung von Bangladesch hat auf die massiven Proteste reagiert, bei denen seit Monatsanfang täglich Hunderttausende Menschen gegen ein als zu milde empfundenes Urteil des nationalen Kriegsverbrechertribunals in Dhaka demonstriert haben.

Die Regierungsmehrheit im Parlament änderte am Wochenende ein Gesetz, damit die Regierung künftig gegen Urteile des Tribunals in Berufung gehen kann.Dieses Recht hatten bisher nur Verurteilte.

Die Proteste begannen vor zwei Wochen, nachdem das Tribunal den stellvertretenden Generalsekretär der islamistischen Partei Jamaat-e-Islami (JI) zu lebenslanger Haft verurteilt hatte.

Demonstrationen für Todesstrafe

Abdul Kader Mullah soll während des Unabhängigkeitskrieges 1971 schwere Kriegsverbrechen begangen haben. Die Demonstranten fordern die Todesstrafe für Mullah und die anderen Angeklagten.

Bis 1971 gehörte Bangladesch als „Ostpakistan“ zum pakistanischen Staat. Proteste gegen die Bevormundung des Landesteils durch Westpakistan hatten im März 1971 zum Ausbruch eines Bürgerkrieges geführt, bei dem Hunderttausende Menschen getötet wurden. Islamistische Milizen kämpften damals Seite an Seite mit den Pakistanern. Sie sollen einige der grausamsten Verbrechen begangen haben.

Die Einrichtung des Tribunals war ein Wahlversprechen von Premierministerin Sheikh Hasina, deren Partei die Wahlen Ende 2008 gewann. 2010 nahm das Tribunal seine Arbeit auf. Es steht international in der Kritik, weil es nicht nach internationalen Standards arbeitet und weil es Todesurteile verhängen kann.

Islamistische Partei könnte jetzt verboten werden

Die Gesetzesänderung ermöglicht es dem Tribunal jetzt auch, gegen Organisationen vorzugehen, deren Mitglieder Kriegsverbrechen begangen haben. Das könnte zu einem Verbot der heute oppositionellen JI führen. Fast alle der ein Dutzend Angeklagten sind JI-Führer.

Schon seit Wochen protestieren auch JI-Anhänger gegen die Verhandlungen, die führende JI-Politiker als „politisch motiviert“ bezeichnen. Diese Proteste sind in aller Regel viel kleiner als die der Unterstützer der Regierung, aber auch gewalttätiger.

Für den Montag hatte die JI zu einem landesweiten Proteststreik aufgerufen, um gegen den Tod von vier JI-Anhängern bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften Ende letzter Woche zu protestieren. Dabei kam im Osten ein JI-Anhänger ums Leben, als er Berichten zufolge von einem Gummigeschoss in den Kopf getroffen wurde.

Ein weiteres Todesopfer des Schlagabtauschs zwischen Befürwortern und Gegnern des Tribunals ist der Blogger Ahmed Rajib Haider. Unbekannte hatten den 26-Jährigen, der die Proteste der vergangen zwei Wochen mitorganisiert hat, in der Nähe seines Hauses in Dhaka mit einer Machete tödlich verletzt. Sein Tod fachte die Proteste am Samstag wieder an und erhöhte den Druck zur Gesetzesänderung.

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