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Bangalores Seen sterbenTote Fische und Schaumteppiche

In Indien hat die Wirtschaft Vorrang vor der Umwelt. Besonders sichtbar ist dies in Bangalore. Die Seen dort schäumen und brennen.

Müll und Dreck landen direkt in den Ulsoorsee bei Bangalore. Foto: dpa

Bangalore dpa | | Der Varthursee in Indiens Millionenstadt Bangalore ist so verschmutzt, dass er immer wieder meterhohe Schaumberge produziert. Auf dem Wasser des benachbarten Bellandursees entzündeten sich jüngst Öle und Fette – es sah aus, als brenne der See. In dieser Woche nun kamen Tausende tote Fische an die Oberfläche des Ulsoorsees inmitten der boomenden Stadt. Sie bildeten einen riesigen Teppich aus Flossen und Schuppen.

„Das ganze Abwasser aus Bangalore landet in den Seen“, sagt T. V. Ramachandra, der am Indischen Institut für Wissenschaften (IISC) in Bangalore zu Gewässern forscht. In einer Studie nach der nächsten stellt er fest: Sowohl die meisten Fäkalien als auch hochbelastetes Wasser aus der Industrie fließt in die Gewässer.

„Ineffiziente Behörden, achtlose Unternehmen und zahlreiche nebenstaatliche Agenturen ... haben die Gartenstadt in eine unbewohnbare Stadt verwandelt“, heißt es in seinem jüngsten Gutachten zum Varthursee.

Schuld an der Katastrophe – nicht nur in Bangalore, sondern in ganz Indien – ist nach Ansicht des nicht-staatlichen Zentrums für Wissenschaft und Umwelt (CSE) die ungeplante Urbanisierung. Es gebe in dem Land mit der zweitgrößten Bevölkerung der Welt nicht eine zuständige zentrale Stelle, vielmehr schöben unzählige Behörden die Aufgaben immer wieder hin und her. In der Folge würden die Gesetze nicht eingehalten, meint Sushmita Sengupta vom CSE-Wasserteam.

Wo etwa der Fluss Yamuna durch die Hauptstadt Neu Delhi fließt, steigen Methanblasen aus der dunklen Brühe auf. Nicht einmal der heilige Ganges bleibt verschont. Die indische Regierung gibt auf der Homepage der „Nationalen Mission für einen sauberen Ganges“ zu, dass der Fluss in manchen Abschnitten zum Baden ungeeignet ist. Dabei wollte eine Regierung nach der nächsten den Ganges säubern. „2000 Crore (271 Millionen Euro) wurden insgesamt schon ausgegeben und der Fluss ist noch immer dreckig“, stellte der Supreme Court, das höchste Gericht des Landes, laut indischen Medien jüngst fest.

„Und das in einer IT-Stadt“

Nirgendwo aber ist die Verschmutzung so sichtbar wie in Bangalore, der Technologie-Metropole des Landes mit mehr als acht Millionen Einwohnern. Wegen der hohen Einleitung an Waschmittel-Tensiden schäumen die Seen an ihren Ausflüssen. In der Regenzeit so stark, dass der Schaum Straßen überspült. „Ich komme jeden Tag hier vorbei und sehe, wie der giftige Schaum auf den Autos und den Motorradfahrern landet“, sagt die 26-Jährige Software-Spezialistin Sanchita Jha. „Und das in einer IT-Stadt! Ich schäme mich dafür.“

Jha startete eine Online-Petition und eine geballte Kampagne in den sozialen Medien. Angesichts des öffentlichen Aufschreis versprach Bangalores Infrastrukturbehörde BBMP bei mehreren Treffen im vergangenen Mai, sich schnell um das Problem zu kümmern. Die sichtbarsten Maßnahmen bislang: ein großer Maschendrahtzaun verhindert, dass der Schaum die Straße erreicht. Und es werden Chemikalien versprüht, welche die Schaumbildung reduzieren sollen.

Das sei natürlich nur Symptombekämpfung, meint Professor Ramachandra. Nötig seien vielmehr Kläranlagen und Algen-Bassins, um das Wasser zu reinigen. Doch stattdessen würden immer mehr Nährstoffe wie Stickstoffe, Phosphor und Kohlenstoffe eingeleitet sowie Haushalts- und Bauabfälle in die Seen geschmissen. „Ich habe keine Hoffnung mehr, dass die Behörden auf uns hören. Wir können nur noch vor Gericht etwas erreichen“, sagt er.

Aufklärung in der Schule

Außerdem setzt er auf die Aufklärung der Bevölkerung. Statt sich in sein Studierzimmer an der Universität zurückzuziehen, das bis unter die fünf Meter hohe Decke mit Büchern vollgestellt ist, zieht Ramachandra los. Neulich betrat er die Bühne in der Aula der K.K. High School in Varthur, um den Schülern das Problem zu erklären. 50.000 Liter ungeklärtes Wasser, sagte er ihnen, flössen jeden Tag in ihren See. Deswegen stinke das Gewässer so.

Einige der Schüler haben Proben aus den Trinkwasserbrunnen rund um den See entnommen und sie in den Laboren des IISC getestet. Das Wasser habe bei mehreren Parametern über den zulässigen Werten gelegen, erzählt die Zehntklässlerin Pavana Vekatachalapathi ihren Mitschülern. Eine Befragung der Ärzte in der Ortschaft habe gezeigt, dass viele Bewohner an Hautkrankheiten und Margen-Darm-Problemen leiden, was unter anderem auf das schlechte Wasser zurückgeführt werden könne.

„Schickt E-Mails an den Premierminister. Demonstriert vor dem Büro des Ministerpräsidenten“, fordert Ramachandra seine jungen Zuhörer in der Aula auf. Dabei sollten sie darauf achten, dass das Wasser auch wirklich gereinigt und nicht einfach in den nächsten See umgeleitet werde. „Bittet nicht um sauberes Wasser. Fordert es ein, denn es steht euch rechtmäßig zu.“

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