Ballsport in Russland: Auch ein Golfkrieg
Nahe Moskau gibt es die luxuriösesten Golfplätze. Sie sind vor allem für den Zeitvertreib der Oligarchen da. Spitzensport findet sich nicht.
A lles wird in diesen Tagen auf russische Zusammenhänge abgeklopft. Nun denn: Was ist eigentlich mit Golf in Putins Reich? Und in der Ukraine?
24 Plätze sind für Russland gelistet, meist von renommierten US-Architekten gebaut. Vorneweg der Tseleevo Golf & Polo Club nördlich von Moskau, ein Oligarchen-Dorado, das edler sein soll als alles, was die Golfwelt sonst an imagemordendem Protz zu bieten hat: Marmor-Spa, High-End-Luxus rundum. „Sieht man die Bilder von außen“, schreibt exklusiv-golfen.de, „denkt man an eine Symbiose von Buckingham Palace, Weißem Haus, ein bisschen Titanic und ein bisschen Schloss Versailles.“ Leider sind Reisen ausgesetzt: „Zurzeit“, meldet die Website Leading Courses of the world lapidar, „gibt es 0 buchbare Golfplätze in Russland.“
Als bester Golfer Russland galt noch 2014 der frühere Tennis-Grandslam-Sieger Jewgeni Kafelnikow, der seinem Staatschef heute „eine abnormale Psyche“ zuspricht. Die aktuelle Weltrangliste weist zwei Putin-Bürger aus, den gebürtigen Briten David Jozeph Atkins und Ivan Striganov, beide auf Platz 1.691. Atkins’ „bestes Turnierresultat“ laut Rangliste zuletzt: sechsmal Cut verpasst. Frauen aus Russland: keine aufgeführt.
In der Ukraine gibt es ganze vier Golfplätze, drei in Kiew, einen in Charkiw. Ob sie längst zerbombt sind, weiß man nicht. Profis: Fehlanzeige, bei Frauen wie Männern. Unter den Amateuren ist Ivan Malovychko vorn (Amateur-Weltrangliste 194), mehrfacher Gewinner der Ukraine Open. Beste Frau ist Sofia Pylypenko, erst 14 Jahre alt, auf Position 565; sie wurde 2021 Landesmeisterin und notierte: „Es geht aufwärts.“ Nun ja.
Golf in der Ukraine: entwicklungsfähig
Und da ist der 15-jährige Misha Golod. 2021 hatte er als erster ukrainischer Golfer an den U.S. Junior Amateur teilgenommen. US-Mitspieler kontakteten ihn jetzt in Kiew und riefen zu Spenden auf. Ruckzuck kamen viele Tausend Dollar zusammen. Vier Tage dauerte die Flucht des milchgesichtigen Hänflings mit seiner Mutter Mitte März, erst per Auto nach Budapest, von dort mit dem Flieger nach Florida. Großer Empfang am Orlando Airport, viele Worte, Tränen. Golfguru David Leadbetter spendierte ein Vollstipendium für seine Akademie. „Das ist alles verrückt“, so Misha über seine plötzliche Lebensperspektive. Seine Mama kehrte zurück in den Krieg, zum wehrpflichtigen Mann und den Eltern.
Mishas Präsident Selenski golft offenbar nicht, in seinem früheren Schauspielerleben fuhr er als Präsidentendarsteller („Diener des Volkes“) immerhin mal in einem Golf-Cart. Und der Kriegsverbrecher Putin? Nicht mal gestellte PR-Fotos mit Schläger sind auffindbar, Golfbesteck reizt ihn wohl nicht, seine Männlichkeit zu demonstrieren. Bei der Suche „Putin & Golf“ findet man nur Treffer zu Donald Trump, wie der auf irgendeinem Grün mal wieder Unfug erzählt hat, auch über seinen Buddy Wladimir.
Putin, der Sportler, präsentiert sich bekanntlich lieber als Reiter oben ohne, als Biker in Lederkluft oder als tollkühner Taucher mit Harpune auf Hechtjagd. Man kennt ihn seit Jahrzehnten als Eishockey-Crack und Judoka. Der Schwarze Ehrengürtel im Taekwando wurde ihm aberkannt. Sinn würde machen, ihm symbolisch den Golf-Driver wegzunehmen, denn Driver sind schön machtbesetzt, dazu mit sexualisierter Komponente: Damit kann man zeigen, dass man den Längsten hat, etwa den längsten Abschlag.
Ian Poulter, englischer Weltklassespieler, tritt gern modisch schräg und provokant bunt auf. Jetzt ist er, wie viele SportlerInnen, in schlichtem Blau-Gelb unterwegs. Während andere, sagt er, so sehr leiden und sterben, „spielen wir hier unser albernes Golfspiel.“
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