Ballbesoffen (4): Österreich in Berlin: Knödel und Kommunismus
Mit den Deutschkenntnissen der Österreicher*innen hapert es zwar ein wenig – linke Politik können sie uns aber allemal noch beibringen.
„Ich denke, Berlin ist sehr gut für die autonome Szene“, sagt etwa eine junge Österreicherin, die vor einigen Jahren fürs Studium aus Wien nach Berlin gezogen ist. „Wenn man aber auf der Suche nach tragfähigen Strukturen ist, wenn man Erfolge haben möchte, wenn man Wahlen gewinnen will und viele Leute ins Boot holen: Das ist hier tatsächlich etwas schwierig.“
In Wien hatte sie sich bei den Kommunist*innen engagiert, die in Graz inzwischen die Bürgermeisterin stellen. Mit ihrer handfesten, an die frühe Sozialdemokratie erinnernden Politik haben sie auch in Salzburg einen kräftigen Linksruck ausgelöst. Sie selbst habe mit ihrem Freund mal bei der Linksjugend vorbeigeschaut, „aber da waren die Organisationsformen schon sehr anders, als wir es gewöhnt waren“, sagt die Studentin.
So zurückhaltend sind nicht alle: Mit Georg Kurz hat sich nun ein Politiker der Kommunistischen Partei Österreichs der Sache angenommen. Nach eigenen Angaben ist er nach Berlin gekommen, um die politische Praxis, die er in der KPÖ als erfolgreich kennengelernt hat, auch hier zu verankern. Im ersten Schritt müssten „Strukturen geschaffen werden, die entsprechende Erfahrungen überhaupt möglich machen“, kündigte er auf Instagram an.
Weiter in Rot-Weiß
Wenn nun Tausende Fans zum Fußballgucken nach Berlin kommen, können sie auf ein weit verzweigtes Netzwerk an österreichischen Restaurants und Knödelkneipen zurückgreifen, etwa das Louis am Neuköllner Richardplatz. Auch das Einstein Unter den Linden ist ein österreichisches Lokal. Im Kreuzberger Jolesch machen sie das Schnitzel auch vegan. Die österreichische Presse empfiehlt fürs Fußballgucken die Fanzone vor dem Brandenburger Tor.
Verbreitet wird auch die Erwartungshaltung, dass die Stadt in den kommenden Tagen „fest in rot-weiß-roter Hand“ sein werde. Nach dem Erfolg der türkischen Mannschaft vom Dienstag könnte es am Ku’damm also am Wochenende in einem ähnlichem Farbschema weitergehen – und zwar auch, wenn die Polen mehr Tore schießen sollten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe