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Ballack-Grätscher BoatengDas "Aber"-Talent

Der Profi vom FC Portsmouth, Kevin-Prince Boateng, fiel auch schon mal positiv auf. Nun zerstörte der Berliner den WM-Traum von DFB-Mannschaftskapitän Ballack.

"Er steht sich eben auch immer wieder selbst im Weg": Kevin-Prince Boateng. Bild: dpa

BERLIN taz/dpa | Eine Boxerweisheit besagt: "Du kannst einen Boxer aus dem Ghetto holen, aber nicht das Ghetto aus dem Boxer."

Geht der Sportseitenleser nach den farbenfrohen Vorstellungen diverser Blätter, ist das auch bei Fußballer Kevin-Prince Boateng der Fall. Der 23-Jährige ist dem deutschen Publikum bekannt als undisziplinierter, schlagzeilengestählter Jungmillionär und nun als Zerstörer des deutschen WM-Traums, der mit Michael Ballack Wirklichkeit hätte werden sollen.

Der Lebenslauf des Mittelfeldspielers indes, der liest sich zumindest anfangs recht ansehnlich: Über die Talentschmiede der Reinickendorfer Füchse kommt Boateng als siebenjähriger zu Hertha BSC, durchläuft alle Jugendteams und debütiert in der Saison 2005/06 im Profikader.

Nach anfänglich guten Leistungen scheint für den Sohn eines ghanaischen Vaters und einer deutschen Mutter auch ein Debüt in der A-Nationalmannschaft nur eine Frage der Zeit – zuvor spielt Boateng in allen Jugendmannschaften mit dem "Adler". 2009 entscheidet er sich für die ghanaische Nationalmannschaft. Im deutschen Team habe er eh keine Perspektive.

Während ihm von fachlicher Seite stets bescheinigt wird, ein "hervorragender Fußballer" zu sein, folgt im selben Atemzug das selten unterstützende "aber". "Er steht sich eben auch immer wieder selbst im Weg", sagt Dieter Hoeneß, zu Boateng-Zeiten Manager in Berlin. "Da kann er sich nicht kontrollieren. Der Wesenszug gehört zu ihm. Dabei ist er mit Talent gesegnet."

Nach einem zweijährigen, mäßig erfolgreichen England-Gastspiel leihen ihn die Tottenham Hotspurs Mitte der letzten Saison an Borussia Dortmund aus. Und Boateng wechselt wieder in die Schlagzeilen: Unter Alkoholeinfluss soll er parkende Autos demoliert haben. Spielerisch in Erinnerung aus der schwarz-gelben Zeit bleibt für den inländischen Fußballfan nur Boatengs beherzter Tritt in das Gesicht von Wolfsburgs Makoto Hasebe, auf den fast zwangsweise die Rote Karte folgt.

"Es sah zwar brutal aus, war aber keine Absicht. Kevin wird daraus lernen und wir werden ihm dabei helfen", betonte BVB-Trainer Jürgen Klopp damals. Aus dem "Helfen" wurde nichts – wenige Wochen später verlässt Boateng den Ruhrpott-Klub und wechselt zum FC Portsmouth zurück in die Premier League. An seinem Image geändert hat das – spätestens seit Montag ist das klar – auch nichts.

Denn da wurde das WM-Aus des deutsche Fußballidol Michael Ballack offiziell. "Boateng läuft Gefahr, eine Hassfigur in Deutschland zu werden", schrieb die Online-Ausgabe der britischen Zeitung The Sun daraufhin. Gut beobachtet, denn in Internetforen wird Boateng vielfach als "Staatsfeind Nr. 1" und ähnlich freundlich abgeurteilt. Da hilft es wenig, dass ihm Bundestrainer Joachim Löw "keinen Vorsatz" unterstellen möchte.

Am Montagabend entschuldigte sich der 23-Jährige vom FC Portsmouth öffentlich bei Ballack. "Es tut mir leid. Es war keine Absicht", sagte Kevin-Prince Boateng in einem Bericht von Sport Bild online. "Ich komme einfach zu spät und treffe ihn voll." Um noch zu ergänzen: "Es sah dumm aus."

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22 Kommentare

 / 
  • S
    Schmu

    Hier gehts erstrangig nicht um Rassismus oder Chauvinismus oder was die meisten Torfnasen hier schreiben.

    Es geht NUR um Fußball.

    Nicht mehr aber auch nicht weniger.

    Durch die Attacke auf Ballack wurden unsere Chancen den wichtigstenPrestige-gewinn auf Erden einzuheimsen geschmälert.

    Deswegen sind manche angesäuert.

    Aber da gleich wieder die sagenumwobene Nazi-Keule auszupacken geht mir zu weit.

    Obwohl mir stinkt das der Jerome plötzlich von den Medien zum HALBbruder umfunktioniert wurde um den KPB aber so richtig in die Schußlinie zu stellen.

     

    An reblek:

    Und Spurs kommt von Sporen und man sagt Spurs nicht Spur.

     

    von BFD Sachsen:

     

    Spieler wie Boateng braucht es auch. Lass Dich nicht unterkriegen Kevin.

     

    --> Solche Kommentare kann nur jemand abgeben der kein Fußball spielt, denn auf solche Spieler kann jeder Aktive gut verzichten

  • I
    IANC

    Kevin bremst klar ab, bevor er Ballack trifft. Das Foul ist natürlich dunkelgelb oder hellrot, aber das Politikum darum mehr als unnötig. Fouls wie dieses kann man sich jeden Spieltag in der Bundesliga ansehen, und auch bei der WM wird sicher mal ein deutscher Spieler einen Gegner umsäbeln. Das ist Fußball, Leute! Aber ein willkommener Anlass die bekannten Ressentiments wieder auszupacken und sich so langsam in die gute alte nationalistische WM-Stimmung zu bringen.

  • MN
    Mein Name

    Da gibt´s nur eins: Thorsten Frings gegen Ghana in der 87. Minute beim Stand von 2:0 einwechseln, damit er genau eine Aufgabe löst. Dafür wäre Frings der richtige Mann... Zur Not tut es aber wohl auch jemand anders...

  • S
    Silvio

    Bleibt auf dem Boden. Stimmt, das Foul war brutal und es geschah ganz klar absichtlich. Ob Boateng den Ballack wirklich derart schlimm verletzen wollte und ob ihm in jenem Moment überhaupt klar war was er tat und ihm die Tragweite seiner Handlungen bewusst war, sei dahingestellt; das müssen Leute beurteilen, die ihn persönlich kennen. Seine Vorgeschichte spricht dagegen; es scheint eher so zu sein, dass dieser junge Mann unter Kontrollverlust leidet, warum auch immer. Und dies nicht nur auf dem Fussballplatz.

    Aber kommen wir nun zu Ballack; der Spielführer der deutschen Nationalmannschaft ist oft genau so brutal auf Gegner losgegangen wie Boateng gegen ihn. Sein Status hat ihn geschützt. WARUM ihn Boateng umgemäht hat, seht ihr hier: http://www.youtube.com/watch?v=4V9ocI9YP0U. Man schlägt einem Jungen wie Kevin Boateng, der in Berlin auf der Strasse aufgewachsen ist, nicht ungestraft ins Gesicht; Ballack hatte das wohl in seiner Arroganz vergessen.

  • F
    Felicite

    Das "Ghetto", in dem Kevin-Prince großgeworden sein will, kann man übrigens bei youtube bestaunen: http://www.youtube.com/watch?v=3OdL28TKM8w

    Die Ghetto-Kid-Schiene scheint doch eher eine Art PR-Gag zu sein.

  • A
    altlast

    Was ein simples Fußball-Foul in Deutschland alles bewirken kann: Chauvinismus, Rassismus - alles abrufbereit bei manchen deutschen Fans und Medien. "Angie soll sich um Ghana kümmern", steht in "Die Welt". In Mittelamerika gab es schon mal einen Fußballkrieg. Wird Deutschland bald nahe am Äquator veteidigt, wenn es ohne Bakllack die WM vergeigt?

  • I
    ick

    ich mag ballack nicht, auch wenn er ossi ist.

    aber er feiert schicki-hochzeit am wolfgangsee und hat keine ecken und kanten.

     

    da ist mir der ghettoboy viel lieber.

     

    jetzt muss ghana (sind die bei der wm dabei?) nur noch die brd aus dem turnier schmeissen, das waers.

  • S
    Stefan

    "Geht der Sportseitenleser nach den farbenfrohen Vorstellungen diverser Blätter, ist das auch bei Fußballer Kevin-Prince Boateng der Fall", dass das Ghetto nicht so ganz aus ihm rauszubekommen ist. Dass die Behauptung, zumal im Fall von Boateng, Quatsch ist, weiß der Autor selber. So richtig deutlich sagen will er das aber dann lieber doch nicht - ist ja auch zu schön die boulevardeske Geschichte vom "Zerstörer des deutschen WM-Traums"...

  • R
    reblek

    "Tottenham Hotspurs" - Schon erstaunlich, dass bei der taz anscheinend niemand weiß, dass es sich nicht um heiße Spuren handelt, sondern um eine heiße Spur: Tottenham Hotspur.

  • H
    Hatem

    "Es sah dumm aus"

     

    Das finde ich nicht.

    Es sah nach voller Absicht aus.

     

    Und darum ist das Einzige, was dumm aussieht, KPB selber.

  • M
    mbananeng

    Ein dem Sachverhalt angemessenen Artikel findet man unter folgendem Link: http://www.11freunde.de/international/129903/das_leben_des_anderen

    Herrn Digili's Kneipenrecherche kann dagegen definitiv nicht anstinken. Schade taz.

    Und warum schaltet Ihr Kommentare erst mit halbtäglichem Verzug frei?

  • KD
    Karl der Käfer

    Als Fußballer kann ich da nur sagen..- Wer vorsätzlich solch ein rohes Faul begeht.. hat auf dem Fußballplatz nichts mehr verloren.

     

    Dagegen war das "auf dem Fußstellen" eines Ribery.., der sonst als fairer Spieler bekannt ist.., und deshalb im Championsleaguefinale ausfällt ja nur ein versuchter Flirt.

     

    Dieses Foul hatte nur ein Ziel.., - es ging darum Michael Ballack aus dem Spiel zu nehmen.

     

    Vielleicht wollte Herr Boateng sich auch in die Öffentlichkeit spielen.

     

    Namhafte Spieler sind hier besonders gefährdet.

     

     

    Nun, man wird sehen, ob und inwieweit Ballack dem deutschen Team fehlen wird.

     

    Je nach Verlauf des Turniers..., wird man noch an Boateng denken.

    Mit einer simplen Entschuldigung ist es aber nicht getan.

  • HO
    H. Ostrowski

    Dieser Artikel ist tendenziös geschrieben und impliziert falsche Tatsachen.

     

    Ja, KP Boateng hat sich schwer getan in England. Nach seiner Ausleihe wurde er von Portsmouth geholt, wo er sich zum Stammspieler entwickelt hat. Jetzt ist er ein umworbener Spieler in der Premier League.

     

    Wer das Spiel gesehen hat, hat ein böses Foul gesehen. Keine Frage. Aber eine gelbe Karte war dafür in Ordnung. Dass Ballack deshalb nicht mit zur WM geht, ist Pech. Der Untertitel des Artikels impliziert eine Grätsche, die es nicht war, und eine widerholte Disziplinlosigkeit. Wieso nennt man, so ein Foul im DFB-Pokal ein Frustfoul? Wenn Schweinsteiger nicht so einen robusten Körper hätte, hätte ihn Frings auch ausgeschaltet.

     

    Irgendwie ist es bitter, den Artikel zu lesen. Nicht wegen Ballacks Ausfall, sondern wegen des Umgangs mit KPB.

  • R
    Roene

    Nun ist er wohl gänzlich zum Buhmann Fußballdeutschlands geworden und man weiß jetzt schon den Grund, warum Deutschland im Viertelfinale ausscheiden wird.

    Boateng ist eben kein Fußballer mit Föhnfrisur und Golfmitgliedsschaft. Der Hass, der aktuell auch von vielen deutschen Medien geschürt wird, ist schon sehr grenzwertig.

    Auf Facebook gibt es eine Gruppe "82.000.000 gegen Boateng" die in kürzester Zeit schon 50.000 Mitglieder gesammelt hat. Die Kommentare dort und anderswo sind oft schon diskriminierend und ausländerfeindlich. Hätte Ballack Boateng verletzt, hätte kein Hahn danach gekräht. ARMES (FUSSBALL)DEUTSCHLAND!

  • BZ
    ben zema

    ein foul wie 1000 jeden spieltag mit unglücklichem ausgang, aber die chance für den deutsch-fußballer ein wm-knackpunkt in die tasche zu lügen, der, je heftiger beklagt und den sünder an den nächsten baum gewünscht, desto unstrittiger erscheinen muss. ein glück für jogis jodelbande, dass ab jetzt alles mit ballacks ausfall zusammenhängt. obwohl der schon seit seinem weggang von münchen den zenit längst hinter sich gelassen hat

  • A
    atypixx

    Na, der war ja unbedingt mal einen Bericht wert...

  • KT
    K T

    Kevin-Prince Boateng hat UNSEREN Michael Ballack umgetreten! Holt die Forken und die Fackeln - Den schnappen wir uns!

     

    Klar ist der Junge hart eingestiegen, aber in England geht es nunmal etwas ruppiger zu. So weit ich weiß sah Boateng dafür auch nicht rot.

     

    Bitte liebe taz, begebt euch nicht auf BILD-Niveau.

  • D
    Dirk

    Was macht einen großen Fußballer aus? Alles was Kevin Prince Boateng nicht hat, und niemals haben wird. Alles das was Michael Ballack erspielt und erreicht hat. Ein Fußballidol ist Michael Ballack jetzt schon, auch ohne weitere WM. Und Kevin Prince? Ein Arschloch bis in alle Ewigkeit...

  • F
    Felix

    Warum aber der WM-Traum Michael Ballacks zerstört ist geht aus dem Artikel nicht hervor?!

  • M
    mbananeng

    Schade, dass sich auch die taz in die ekelhaft tendenziöse Berichterstattung zu Kevin-Prince Boateng einreiht.

    1. Warum erlaubt sich Dieter Hoeneß überhaupt über irgend jemanden ein Urteil? Es ist doch ein offenes Geheimnis, dass er der einzige Profiteur von Hertha's mißlicher Lage ist, hat er doch bei den Transfers dutzender Einbeiniger vom südamerikanischen Markt jeweils 50 Prozent des Handgelds eingesteckt. Weiter gehts in Wolfsbueg Stichwort Rever.

    2. "Unter Alkoholeinfluss soll er parkende Autos demoliert haben." Diese Demoliernummer wird bei jeder Gelegenheit hervorgekramt. Dass die Sache inzwischen zu Gunsten Ebrts/Boatengs eingestellt wurde, bleibt unerwähnt.

    3. "Spielerisch in Erinnerung aus der schwarz-gelben Zeit bleibt für den inländischen Fußballfan nur Boatengs beherzter Tritt in das Gesicht von Wolfsburgs Makoto Hasebe, auf den fast zwangsweise die Rote Karte folgt." Unsinn. Bei uns BVB-Fans hat sich Kevin in den wenigen Spielen ziemlich beliebt gemacht. Zu nennen sind da bspw. die Siege über Karlsruhe und den HSV, bei denen sich Kevin sportlich hervorgetan hat. Doch schon in dieser Zeit fand im Boulevard und dem von dieser Seite anfälligen Sportjournalismus eine denkwürdige Hexenjagd (ersetze Hexe durch, unangepassten schwarzen Millionär mit Tatoo's). Nach Klose Kevin in vollem Lauf vor die Füße gefallen war, woraufhin dieser ihm notgedrungen auf den Oberschenkel trat, wurde Boateng von den moralischen Instanzen Beckenbauer u. Thurn und Taxis "absicht" sowie eine "Unresozialisierbarkeit" unterstellt. Dies wiederholte sich bei dem zugegeben harten Einsteigen gegen Kristajic in einem hitzigen Ruhrgebietsderby und dem blöden, aber definitiv unbeabsichtigten Tritt an Hasebe's Kopf.

    4. Vergleichen wir das Foul an Ballack doch mal mit dem Ribery's an Lisandro Lopes. Beide gehen zum Ball, beide nehmen in Kauf den Gegener zu treffen. Bei Ribery, dem Bayernspieler, ist das keine Absicht. Bei dem schwarzen Ghettokid. welches "Musik von Bushido über Anal-Sex hört" (Spiegel!!), muss Vorsatz angenommen werden. Schuldig bei Verdacht - lächerlich. Ich halte es da mit dem englischen Schiedsrichter, der die Situation unvoreingenommen beobachtet hat und keine Absicht feststellen konnte. Unvoreingenommen betrachten die Engländer übrigens auch Kevin's sportliche Leistungen, die trotz Pompey's schlechten Abschneidens aller Ehren wert gewesen ist, erinnert sei nur an das Spiel gegen Liverpool in Fratton Park. Unvoreingenommen muss man sich auch fragen, warum in der Ballack-Boateng-Debatte nie erwähnt wird, dass Ballack Kevin im selben Spiel nett eine gezogen hat.

  • J
    Joerg

    Das hat nichts mit "Ghetto" oder ähnlichem zutun. Der junge Mann ist schlicht und einfach dumm.

  • BS
    BFD Sachsen

    Spieler wie Boateng braucht es auch. Lass Dich nicht unterkriegen Kevin.