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BalkanNeustart für das Kosovo

Eine Troika soll die gescheiterten Verhandlungen über den Status der abtrünnigen serbischen Provinz wieder in Bewegung bringen. Doch auch die EU ist sich nicht einig.

Ab Mittwoch nur noch Berater: UN-Vermittler Martti Ahtisaari. Bild: reuters

SARAJEVO taz Vor den ab August geplanten neuen Verhandlungen über den künftigen Status des Kosovo haben die USA und Russland gestern in Wien ihre unvereinbaren Positionen deutlich gemacht. Während Serbien und Russland den Plan und die weitere Tätigkeit des UN-Vermittlers Martti Ahtisaari für eine von der EU kontrollierte Unabhängigkeit rundweg ablehnen, erklärte der US-Diplomat Frank Wisner, der Plan sei "nicht verhandelbar". Ahtissari beendete am Mittwoch seine Bemühungen und steht nur noch als Berater zur Verfügung.

Das für den gestrigen Vormittag geplante Treffen der Kosovo-Kontaktgruppe in Wien, an der die USA, Russland sowie Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien beteiligt sind, wurde offenbar auf den späten Nachmittag verschoben. Wie gespannt die Atmosphäre zwischen den Parteien ist, zeigt der Umstand, dass die USA und die westlichen Länder sich erst einmal abstimmen wollten.

Die EU-Außenminister hatten bei ihrem Treffen am Montag vorgeschlagen, die Verhandlungen über den Status der nach Unabhängigkeit strebenden serbischen Provinz künftig in der Kosovo-Kontaktgruppe weiterzuführen, nachdem in der vergangenen Woche alle Diskussionen im UN-Sicherheitsrat gescheitert waren. Nach den Vorstellungen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeiers sollte ein neues "Format" geschaffen werden, eine Troika aus EU, USA und Russland, die nochmalige Verhandlungen von 120 Tagen zwischen Serbien und den Kosovo-Albanern überwachen soll.

Mit dieser Idee versuchte Steinmeier die Fronten aufzubrechen und Europa in Bezug auf den Kosovo-Konflikt zu vereinigen. Denn in der EU gibt es unterschiedliche Positionen. So befürchten Spanien und Russland, die Unabhängigkeit Kosovos könnte ein Präzedenzfall werden. Frankreich und einige der neuen Mitgliedsländer wie Bulgarien tun sich aus historischen Gründen schwer damit, gegen serbische Interessen aufzutreten.

Nach der harten Haltung Russlands im Sicherheitsrat ermutigten die USA im Gegenzug die Kosovo-Führung, nach der 120-Tage-Frist einseitig die Unabhängigkeit auszurufen. Allerdings will Washington sich darüber die letzte Entscheidung vorbehalten. Bei seinem US-Besuch erklärte der Kosovo-Präsident Fatmir Sejdiu am Dienstag, Kosovo werde die Unabhängigkeit nur im Einverständnis mit den USA und nicht einseitig, wie schon angekündigt, am 28. November, ausrufen. Wenn die EU mitmacht, ziehen die USA sogar eine Entscheidung am Sicherheitsrat vorbei in Erwägung.

In Priðtina, der Hauptstadt des Kosovo, hält man von neuen Verhandlungen nicht viel. Alle Argumente seien ausgetauscht, erklärte das Mitglied der Verhandlungsdelegation der Albaner, Veton Surroi. Sollten sich die Verhandlungen hinziehen, stelle sich die Frage, wie lange die kosovo-albanische Bevölkerung den Schwebezustand noch hinnehmen werde, hieß es von diplomatischer Seite. Die Führung des Kosovo gerate zunehmend unter Druck. Bisher sei noch alles ruhig, weil US-Präsident George W. Bush bei seinem Besuch in Albanien im Juni die Unabhängigkeit des Landes noch in diesem Jahr versprochen habe.

Das serbische Parlament erteilte am Dienstag einer möglichen Unabhängigkeit des Kosovo eine klare Absage. 217 Abgeordnete stimmten für eine Resolution, in der Kosovo als "unveräußerlicher Bestandteil Serbiens" bezeichnet wird, 12 Abgeordnete der Liberaldemokraten stimmten dagegen und 3 Abgeordnete der ungarischen Minderheit enthielten sich.

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2 Kommentare

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  • DG
    Dirk Gober

    @Von Sinisa Simic: Lieber Herr Rathefelder (inkl. Kollegen Ivanji und Zumach):

     

    Herr Simic, für eine linke Zeitung ist das absolut nicht unglaublich - im Gegenteil.

     

    Die taz hat sich, wie viele andere pseudolinke Postillen (SPIEGEL, STERN SÜDDEUTSCHE ZEITUNG) seit Anfang des Balkan-Konflikts auf die Seite der ehemaligen Nazi-Verbündeten gestellt, als das wären kroatische Ustascha, bosnische Mudschaheddin und albanische Skanderbeg-Einheiten (bzw. die Terror-Organisation UCK).

    Oder haben Sie einmal in einer dieser Publikationen etwas von serbischen Opfern gelesen, von ethnischen Säuberungen, Massakern an Serben? Wenn ja, dann minimal und immer nur als Reaktion beschrieben.

    Daß ein Erich Rathfelder in Manier eines Nazi-Hetzers seinen serbenhasserischen Feldzug betrieben hat, ist sogar diversen taz-Redakteuren selbst klar (einmal soll er sogar in Ustascha-Uniform in der Redaktion erschienen sein), ein Zumach hat es weniger primitiv, aber nicht weniger bösartig gemacht. Von Schmitz (ZDF) oder Kleinert (ARD) ganz zu schweigen.

     

    Wenn schon mal von serbischen Opfern berichtet wurde, dann immer mit dem Satz "Das ist Wasser auf die Mühlen der serbischen Propaganda". Keine Forderungen nach Verfolgung dieser Greueltaten, keine Distanzierungen... nichts.

     

    Verwunderlicherweise wurden sogar in Den Haag Kroaten, bosnische Moslems und Albaner angeklagt. Laut z. B. taz hätte das ja eigentlich gar nicht passieren dürfen, denn können keine Kriegsverbrechen begangen haben - hätte die taz sonst nicht zu gegebener Zeit, nämlich unmittelbar danach, davon berichtet? Nein, man hat die serbischen Opfer ein zweites Mal ermordet, durch das Verschweigen.

     

    Mit etwas Charakter hätte die taz spätestens nach den Anklagen in Den Haag ihren Betrieb eingestellt, aber aus irgendeinem höheren moralischen Grund ist das nicht passiert. Wahrscheinlich arbeitet man an der eigenen Vergangenheitsbewältigung, nämlich in der Art, wie man es in den 60ern von der damaligen Eltern-Generation verlangt hat.

     

    Und nun fragen Sie sich, warum ausgerechnet linke Zeitungen sich auf die Seite ehemaliger Nazi-Verbündeter (manche sogar noch heute offen) stellen? Eben darum.

  • SS
    Sinisa Simic

    Lieber Herr Rathefelder (inkl. Kollegen Ivanji und Zumach),

     

    ich möchte Ihnen gerne folgende Unterlage ans Herz legen:

    http://balkanforum.org/IEP-BND/iep0001.PDF

     

    Des Weiteren empfehle ich Ihnen einen Blick auf die website der Uni Kassel (Friedensratschlag...zum Thema)

     

    Auch könnten Sie sich die Ausführungen z.B. von H. Prof. Olschies (Uni Gießen) anschauen...

     

    Dann sehen Sie selbst, wem Sie die Führung eines Staates anvertrauen wollen und wie Sie die imperialistischen Bemühungen der USA in Europa sowie die internationalen Institutionen vor Ort zu bewerten haben.

     

    Ich kann nach jahrelanger Beobachtung Ihrer Ausführungen zum Gesamtkomplex "Jugoslawien" leider nur extreme Inkompetenz, Parteiischkeit, Faschistophilie, UNOphobie und latenten Bellizismus feststellen.

     

    Für eine "linke" Zeitung ist das schlicht unglaublich.