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Bahnchef vor Berliner VerkehrsausschussAbgeordnete lachen Grube aus

Teures Winterwetter: Die Bahn musste in den vergangenen zwei Jahren "Krisen-Kosten" von 370 Millionen Euro für die Berliner S-Bahn bewältigen. Weitere Zusatzkosten folgen.

Kein Durchblick: Die Berliner S-Bahn fuhr im Winterwetter ins Nirgendwo. Bild: dpa

BERLIN dapd/dpa/rtr | Das S-Bahn-Chaos in Berlin wird die Konzernmutter Deutsche Bahn bis einschließlich 2014 rund 700 Millionen Euro kosten. Das sagte Bahnchef Rüdiger Grube am Montag vor dem Verkehrsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses.

Allein für die Jahre 2009 und 2010 seien inzwischen "Krisen-Kosten" von zusätzlich 370 Millionen Euro aufgelaufen. Zu einer erneuten Entschädigungsrunde für die S-Bahn-Kunden will sich der Konzern erst Ende Januar äußern. Noch seien Abstimmungen mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) notwendig, sagte Grube.

Darüber hinaus entschuldigte sich der Manager bei den Kunden der Berliner S-Bahn für den "anhaltenden Ausnahmezustand". Das Zusammentreffen des härtesten Winters seit 41 Jahren und technische Probleme hätten zu dieser "extremen Anspannung" geführt. Gleichwohl sei kein Winter von der S-Bahn so gut vorbereitet worden wie dieser, sagte Grube. Seine Aussage wurde von den Abgeordneten mit Gelächter quittiert.

Die S-Bahn der Bundeshauptstadt bietet seit Sommer 2009 infolge von Wartungsmängeln nur einen eingeschränkten Verkehr an. Auch in den vergangenen zwei Winterperioden hatte das Unternehmen mit zahlreichen Ausfällen und Verspätungen zu kämpfen. Grube zeigte sich offen für eine Entschädigung der Kunden, ging aber nicht ins Detail: "Wir denken über eine vernünftige Lösung nach." Diese solle Ende des Monats bekanntgegeben werden.

Das Thema "Sicherstellung des S-Bahn-Betriebs und Verantwortung der Deutschen Bahn AG" war auf Beschluss aller Fraktionen auf die Tagesordnung gesetzt worden. Ein Antrag der FDP forderte die fristlose Kündigung des S-Bahn-Vertrages zwischen dem Land Berlin und der S-Bahn-GmbH.

Gemeinsam mit dem für das Tochterunternehmen zuständigen Manager Peter Buchner und dem Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg nahm Grube am Montag vor dem Verkehrsausschuss Stellung. Ebenfalls gehört wurde der Konzernbevollmächtigte der DB AG in Berlin, Ingulf Leuschel. Die Bahn-Spitze muss sich wiederholt den Fragen des Ausschusses zu den Problemen stellen.

Eigentlicher Auslöser des Chaos seien mangelhafte Komponenten der am häufigsten eingesetzten S-Bahn-Reihe 481, sagte Grube. Es störe ihn, dass dies zu wenig berücksichtigt werde. Ein halbwegs normaler Betrieb zum Jahresende 2010 sei auch durch zusätzliche strenge Auflagen des Eisenbahnbundesamtes unmöglich geworden. Vor allem die Kontrollen der Streuanlagen für Sand bei den S-Bahnen kosteten viel Zeit.

Darüber hinaus würden diese Kästen immer wieder unerwartet vereisen. Weitere Probleme hätte die Baureihe 485 gebracht, die wegen Versäumnissen der alten S-Bahn-Führung letztlich vorübergehend stillgelegt wurde. An diesen Zügen müssten inzwischen auch die Räder komplett ausgetauscht werden.

Zusätzlich verwies Grube auf zahlreiche ausgetauschte Motoren, den Einsatz von mobilen Enteisungsteams und auf zusätzliches Personal in den Werkstätten. Allein für die Information der Fahrgäste seien 80 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt worden, davon die Hälfte mit Fremdsprachenkenntnissen. In diesem Jahr will die Bahn für Reparaturen und Modernisierungen 120 Millionen Euro zusätzlich bereitstellen.

Eine neue S-Bahn-Flotte mit rund 700 Zügen würde laut Grube zwei Milliarden Euro kosten. Weil die Berliner S-Bahn aber ein Unikat sei, könne sie nicht einfach irgendwo bestellen. "Wichtig ist mir: Wegen der Länge der Entwicklungs- und Fertigungszeit müssen wir jetzt starten, darüber nachzudenken, wie wir gemeinsam eine Neuentwicklung hinbekommen."

Die Berliner Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) nannte die Ankündigung für eine neue Flotte ein "mögliches Ablenkungsmanöver" von der augenblicklichen Situation. "Die DB und die S-Bahn sind offensichtlich nicht nur nicht in der Lage, ordentliches Know-how zur Verfügung zu stellen, sondern auch ein ordentliches Management zu bieten." Daher müsse sich die Bahn endlich Hilfe von außen holen.

Die Probleme der Bahn in diesem Winter stehen auch im Mittelpunkt einer Sonderkonferenz der Verkehrsminister der Länder am Nachmittag. Zur Sprache kommen sollen neben den Verspätungen und Ausfällen von Fernzügen auch die Probleme bei den Nahverkehrszügen, die von den Ländern mit Milliardenbeträgen subventioniert werden. Kritik wird auch an der Dividende von 500 Millionen Euro geäußert, die die Bahn an den Bund abführen soll. Stattdessen müsse das Geld in Fahrzeuge und Schienenwege investiert werden, wird gefordert.

Das Bundesfinanzministerium betonte am Montag, die Bahndividende sei fest im Bundeshaushalt eingeplant. "Die 500 Millionen Euro, die stehen nicht zur Disposition." Dies setze allerdings ein positives Betriebsergebnis voraus - entsprechende Investitionen würden berücksichtigt. Es werde also vorher investiert, bevor die Dividende abgeführt werden könne. Auch ohne Dividende an den Bund habe dieser in den vergangenen Jahren jährlich Investitionszuschüsse in Höhe von rund vier Milliarden Euro geleistet.

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11 Kommentare

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  • B
    Bernd

    „Eigentlicher Auslöser des Chaos seien mangelhafte Komponenten der am häufigsten eingesetzten S-Bahn-Reihe 481, sagte Grube. Es störe ihn, dass dies zu wenig berücksichtigt werde. Ein halbwegs normaler Betrieb zum Jahresende 2010 sei auch durch zusätzliche strenge Auflagen des Eisenbahnbundesamtes unmöglich geworden“

     

    Nein, Herr Grube. Das EBA hat der S-Bahn strengere Kontrollen auferlegt, weil die, um Geld zu sparen, weniger geprüft und die Prüfprotokolle gefälscht hat. (Von 2006 bis 2008 wurden 20% der Mitarbeiter gefeuert)

     

    (hihi, ich hab „Bahn“ als Captcha)

  • AW
    Angie Weber

    Das Gejammere der Bahn AG ist doch eine Lachnummer! Auf einmal soll das Wohl und Wehe der Bahn von den 500 Mio. € Dividende an den Staat abhängen. Wenn die Bahn für ihr Kerngeschäft - den Transport - Geld braucht, dann soll sie sofort die Bauarbeiten in Stuttgart einstellen. Dieses ganze Herumgequatsche ist doch total schizophren.

  • M
    michael

    ein abgekartetes spiel..

    service, sicherheit und zuverlässigkeit auf ein unerträgliches niveau runterschrauben als erpressung an die politik weitergeben- ausgetragen auf dem rücken der steuerzahler und "weißfahrer"..da kann man über die antigrafitti hasskampagnen nur müde lächeln..

    übrigens wurden doch erst in den letzten knapp zwanzig jahren systematisch die gesamte flotte verschrottet/verramscht und durch eine neue ersetzt..und jetzt fehlen züge??

    ich sage das chaos hat system- doch wer davon profitiert, kann sich jeder an einer hand ausrechnen

  • M
    Mark

    Die Situation passt zu Berlin...keine Kohle, alles marode, S-Bahnen überall mit Graffiti verschmiert...schad um's Geld!!

  • W
    Wolf

    Spätestens jetzt müsste doch im Hirn eines halbwegs gebildeten Grundschülers die Entscheidung fallen, auf das Milliardenexperiment Stuttgart21 zu verzichten.

  • HH
    Herrn Holle

    Ordentlich finanzierte Staatsbahn statt Börsen-Cashcow.

     

    Das ist die einzig mögliche Zukunft MIT einer funktionstüchtigen öffentlichen Nah-, Fern und Güterverkehrsversorgung auf der Schiene.

     

    Alle anderen, privat verseuchten Modelle sind der Garant für eine Zukunft ohne Schienenverkehr, was die British-Rail-Misere -neben vielen anderen Beispielen weltweit- eindrucksvoll vorgeführt hat.

  • D
    drui

    Dividende hin oder her, oberste Priorität müssen natürlich die 4 - 10 Milliarden Euro Mehrausgaben für die Untertunnelung Stuttgarts haben, das ist ja mal klar. So wissen die Berliner wenigstens, wofür sie warten und frieren.

  • H
    Hanseat

    Es ist doch jedes Jahr das Gleiche.

    Nur die Folge-Dimensionen erzeugt durch Börsengänge, Rttungspaketen und tolkühnen Spekulationen steigt langsam ins lächerliche...absolut lächerlich!

     

    Warum ist eigentlich der Transrapid nicht gekommen?

    Verschleiss gegen Null

     

    ..achja es gab einen tragischen Unfall beim Bau

     

     

    Angenehmen Tag allen Lesern

    der Hanseat

  • B
    Bahnfreund

    Wenn man die nur die eingestandenen Defizite betrachtet, könnte Bedauern aufkommen, daß man die Bahn nicht schon längst an Heuschrecken verkauft hat...

  • HK
    Hans-Peter Krebs

    Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst in die eindimensionale und merkt gar nicht, dass um ihn die Realität dominiert.

  • W
    Wolfgang

    Die Bahn bringt ihr eigenes Unternehmen unter die Erde:

    siehe auch Stuttgart.