Bären erwarten Nachwuchs: Neues aus der Panda-Landschaft
Die von China ausgeliehene Zoo-Pandabärin Meng Meng ist trächtig, und alle, alle freuen sich. Wirklich alle? Ein Wochenkommentar.
Der Medien- und Besucherrummel um die zwei Pandas im Westberliner Zoo ist peinlich und peinigend. Und das nicht erst seit der neue Direktor den alten Panda-Glaskäfig abreißen und für 250.000 Euro eine ganze „Panda-Landschaft“ bauen ließ, um sodann für eine Million Euro jährlich das Pärchen Meng Meng und Jiao Qing zu leasen. Dazu gehört auch ihr möglicher Nachwuchs, von dessen gedeihlicher Entwicklung im Mutterleib die Zootierärzte sich nun quasi täglich überzeugen.
Ich weiß nicht, ob das im Leasingvertrag steht, aber es wurde jetzt auch noch eine „Expertin für Hormonanalysen“, Pairi Daiza, hinzugezogen, die bereits die Geburt von Pandazwillingen in Belgien begleitet hatte, ferner ein „Fortpflanzungsexperte aus Chengdu“. Schon bei der Befruchtung von Meng Meng hatte man einen enormen Aufwand betrieben: Zwar besprang Jiao Qing sie mehrmals und auch artgerecht, aber Doktor Thomas Hildebrandt, Spezialist für Reproduktionsmanagement am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, dem einstigen „Thinktank“ des Ostberliner Tierparks, ließ das Weibchen überdies auch noch künstlich besamen (Besame mucho).
Ach, das ist alles so widerlich und nicht erst seit dieser Woche, in der Berlins Regierender Michael Müller erklärte, „das schlagende Herz des Panda-Embryos auf dem Ultraschall“ sei „ein gutes Zeichen“. Als Bundeskanzler Helmut Schmidt 1980 im Rahmen der chinesischen „Panda-Diplomatie“ eine Pandabärin, Tjen Tjen, bekam, die er dem Westberliner Zoo übergab, intervenierte Moskau, „weil Westberlin nicht Teil der BRD war“. Die Bärin starb 1984 und wurde ausgestopft. Dem Ostberliner Tierpark hatte Moskau 1958 kostenlos einen Pandabären geliehen, der dann durch westeuropäische Zoos tourte.
Der Tierparkdirektor Heinrich Dathe machte hemmungslos Werbung mit dem armen Reisepanda: Eine junge passionierte Tierfreundin, die von einer unheilbaren Krankheit befallen war, bat ihn, vor ihrem Tod den Panda sehen zu dürfen: „Wir transportierten Chi Chi daraufhin in einer Kiste und trugen ihn die vier Treppen eines Wohnhauses hoch. Im Krankenzimmer ließen wir ihn frei. Die geistig noch rege Frau war glücklich. Wir legten ihre Hand auf das Fell des kostbaren Tieres [12.000 Pfund!], das sich nicht manierlicher hätte benehmen können“, erzählte er der Hauptstadtpresse.
In den Westzoo kamen als nächstes Bao Bao und Yan Yan. Sie lebten nicht lange – und wurden dann vom Chefpräparator des Naturkundemuseums Detlef Matzke ausgestopft: „Wenn die Luftfeuchtigkeit stimmt und die Vitrine dicht ist, dann können die beiden locker mehrere hundert Jahre alt werden“, erklärte er der Presse.
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