■ Das Portrait: Bärbel Dieckmann
Es gibt ihn doch, den Wechsel in Bonn. Zwar nicht im Regierungsviertel der Bundesstadt, wohl aber im wenige Kilometer entfernten Bonner Rathaus. Geschafft hat dies die SPD-Spitzenkandidatin Bärbel Dieckmann, die mit Unterstützung der Grünen im Stadtrat künftig Oberbürgermeisterin des Regierungssitzes am Rhein sein wird. Eine Wende mit fast historischem Charakter. Denn erstmals seit 1946 wird Bonn nicht mehr konservativ regiert. Und erstmals von einer Frau.
Bärbel Dieckmann löst Hans Daniels ab, der seit 19 Jahren in Bonn schaltete und waltete. Er wiederum hatte quasi in Erbfolge das Amt von Vater Daniels übernommen, der bereits in den fünfziger Jahren Oberbürgermeister gewesen war. Das Ende der Dynastie ist aber nicht auf Stimmenverluste der Konservativen zurückzuführen. Die Rats-CDU verlor vielmehr ihren Koalitionspartner, die FDP. Mit 4,6 Prozent (zuvor 10,1) sehen die Besserverdiener den Rat wohlverdient nur noch von außen. Noch ein Novum in der Bonner Stadtgeschichte.
Daß Bärbel Dieckmann den Sprung an die Stadtspitze auf Anhieb schaffte und ihre Partei fast fünf Prozent dazugewann, liegt nicht nur am Unmut der Bonner BürgerInnen über den Berlin- Umzugsbeschluß. In einer Persönlichkeitswahl wie der zum Amt der Oberbürgermeisterin konnte die 45jährige durch ihre glaubwürdige Ausstrahlung sehr viele Sympathien und Stimmen gewinnen.
Bonns neue Chefin Foto: bonn-sequenz
Eine lächelnde Blümchenkleid-Repräsentantin wird Dieckmann aber kaum werden. Die gelernte Gymnasiallehrerin und Mutter von vier Kindern ist eine erfahrene und kompetente Politikerin. Das hat sie in mehreren kommunalen Ausschüssen, als Chefin der AG Sozialdemokratischer Frauen Mittelrhein und im Parteirat der Bundes-SPD bewiesen. Ihr 100-Tage-Programm für Bonn ist stark ökologisch und sozialpolitisch geprägt: Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und des Radwegenetzes, Schaffung von Kindergartenplätzen, Erleichterungen für den Mietwohnungsbau, Abschaffung des Gutscheinsystems für Asylbewerber. Die Realisierung indes wird bestimmt keine leichte Sache sein, gehört die Stadt Bonn doch zu den höchstverschuldeten Kommunen Nordrhein-Westfalens. Zusammenarbeiten wird Bärbel Dieckmann übrigens mit der Spitzenkandidatin der Grünen, Coletta Manemann. Die Bonner Zukunft – doppelt weiblich. Myriam Schönecker
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