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Archiv-Artikel

Badminton-Elite schlägt zu

Im Halbfinale der Mannschaftsmeisterschaft hatte Empor Brandenburger Tor kaum eine Chance gegen die Bischmisheimer – auch wegen deren Nähe zum Olympiastützpunkt

„Unglaublich, mein Trainer hat meinen Gegenspieler gecoacht“

Bereits vor dem letzten Duell war es in der Friedrichshainer Sporthalle still geworden. Niedergeschlagenheit hatte sich breit gemacht. Das Hinspiel des Halbfinals um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft im Badminton, so viel stand beim Stand von 2-5 schon fest, hatte der SG Empor Brandenburger Tor (EBT) gegen den 1. BC Bischmisheim verloren. In der Abschlusspartie schien der erst 19-jährige Dieter Domke die 400 Zuschauer am Samstag noch tiefer in die Depression zu treiben.

Im ersten Satz (6-21) wurde er von seinem Gegner regelrecht vorgeführt. Der Gedemütigte kam aber furios zurück. Mit zwei gewonnenen Sätzen (21-16 und 21-12) entschied Domke nicht nur sein Match für sich und hielt damit die Niederlage der Berliner (3-5) in Grenzen, sondern er schürte auch den letzten Funken Hoffnung. „Jetzt haben wir noch eine kleine Chance, ins Finale zu kommen“, sagte Manager Manfred Kehrmann vor dem Rückspiel im Saarland am Sonntag. (Das Ergebnis des Spiels lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.)

Das Berliner gemischte Team zeigte sich besonders von einem Umstand am Rande des Spielfeldes irritiert. „Unglaublich, mein Trainer hat meinen Gegenspieler gecoacht“, staunte Domke, der unter der Woche in Saarbrücken vom Indonesier Dede Dewanto betreut wird. Dewanto ist dort Olympiastützpunkttrainer. Er coacht aber eben auch in Bischmisheim, einem Stadtteil von Saarbrücken. Eine pikante Verquickung, geht es im Badminton doch auch darum, die individuellen Schwächen des Gegners auszunutzen. Und wer kennt sie besser als der eigene Trainer? Im Falle von Domke hat dieses Wissen den Saarländern bekanntlich aber nichts eingebracht.

Die Standortnähe zum Olympiastützpunkt der Männer verschafft den Bischmisheimern in der ersten deutschen Badmintonliga Riesenvorteile. „Sie suchen sich zudem die Nationalspieler aus, die sie haben wollen“, beklagt EBT-Manager Kehrmann. Er hält nicht viel von der zentralistischen Eliteförderung im deutschen Badminton. Bei den Juniorinnen gebe es einige große Talente in Berlin, erzählt Kehrmann. Deren Fähigkeiten würden jedoch nicht weiter ausgebildet, weil sie für den Sport nicht ihr Lebensumfeld verlassen wollten. Auf die Nachwuchsarbeit wird beim EBT schon seit längerem mit Erfolg großen Wert gelegt. Letztes Jahr wurde die Jugend Deutscher Mannschaftsmeister. Damit die Talente nicht wie in früheren Zeiten abwandern, hat der dem Breitensportverein auch professionelle Strukturen aufgebaut.

Dafür ließ Manager und Rechtsanwalt Kehrmann seine beruflichen Kontakte nach Peking und Schanghai spielen. China ist weltweit die erfolgreichste Badmintonnation. Kehrmann verpflichtete in den letzten Jahren chinesische Spielertrainer und baute um die Badmintonstars aus Fernost ein Bundesligateam auf. Vor vier Jahren stieg man in die erste Liga auf. Zuletzt wurde der EBT Berlin zweimal Vizemeister.

Dass der Verein diese Saison mit dem Scheitern im Halbfinale einen kleinen Rückschritt hinnehmen musste, erklärt Kehrmann auch mit dem monatelangen Ausfall seiner Spitzenspielerin Juliane Schenk. Der Manager blickt optimistisch in die nahe Zukunft. Der Kader bleibt beisammen und wird verstärkt werden. Namen verrät Kehrmann nicht. Nur so viel: Es soll wieder jemand aus China dabei sein.JOHANNES KOPP