Bachmann-Preisträger Ferdinand Schmalz: Der das Rehragout bringt
Ferdinand Schmalz erhält den Bachmann-Preis für eine makabre, mit viel Raffinesse und Ironie erzählte Geschichte mit rätselhaftem Titel.
Der Schmalz-Ferdinand, wie man ihn im Süden rufen würde, hat den diesjährigen Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen. Bürgerlich heißt der junge Mann aus Graz, Jahrgang 1985, der im ironischen Kleinbürgerdress mit Schnauzer, zu kleinem Hut und braunem Jackett in Klagenfurt antrat, Matthias Schweiger. Als Dramatiker ist er bisher hervorgetreten, 2014 wurde er von der Zeitschrift Theater heute zum Nachwuchsautor des Jahres gewählt.
Schmalz verhandelt in seinem Text die philosophische Frage, ob von einem natürlichen Tod die Rede sein könne oder ob der Tod nicht per se ein gegen den Menschen gerichteter Gewaltakt sei. „Mein Lieblingstier heißt Winter“ ist sein in konsequenter Kleinschreibung gehaltener Text etwas rätselhaft betitelt.
Protagonist ist ein Eismann namens Franz Schlicht. Alle zwei Wochen bringt er auf seiner Tour durch die Vorstädte Österreichs dem Doktor Schauer Rehragout ins Haus. Eines Tages aber bekommt er von Schauer, den der Krebs zerfrisst und der die Angewohnheit hat, alle zwei Wochen Rehragout zu kaufen, es aber nicht zu essen, den Auftrag, ihn nach seinem freiwilligen Dahinscheiden mit dem Kühltransporter zur Hubertuswarte zu transportieren. Dort will Schauer begraben werden.
Eismann Schlicht nimmt den Handel an, zögert dann aber eine Woche lang. Als er sich endlich der Kühltruhe des Schauer nähert, in der nun dessen Leichnam lagern soll, findet er sie leer. Vor der Truhe gammelt das gesammelte Rehragout vor sich hin.
Es ist eine makabre, mit viel Raffinesse und Ironie erzählte Geschichte. Allein beantwortet sie am Ende nicht die in der Exposition gestellte Frage, warum sich der Schlicht-Franz wegen dieses Ereignisses zu einem verschlagenen Subjekt entwickeln musste.
Die Jury hat es nicht gestört, sie zeigte sich begeistert. Einzig Stefan Gmünder bemängelte, man könne es Franz Schlicht nicht abkaufen, dass er ein schlechter Mensch sei. Sandra Kegel, die Schmalz nach Klagenfurt eingeladen hatte, entgegnete, sein Text sei nicht nur makellos, sondern auch „wahnsinnig komisch“.
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