BVG mit technischen Problemen: Straßenbahn hat Rad ab
Ein Lagerschaden führte zu dem Unfall am Hackeschen Markt. Die BVG spricht von einem Einzelfall. Trotzdem hat sie noch in der Nacht die Fahrzeugreihe überprüft.
Von Glück im Unglück will BVG-Sprecher Klaus Wazlak nicht reden. Als am Montag gegen 15 Uhr bei einer Straßenbahn der Linie 4 am Hackeschen Markt eine Achse bricht und sich eine Radscheibe löst, ist der Zug gerade auf dem Weg in die Abstellanlage, in mäßiger Geschwindigkeit und ohne Fahrgäste. Wazlak vermutet trotzdem: "Selbst wenn das auf freier Strecke passiert wäre, hätte es vermutlich keine gravierenden Folgen gehabt."
Als Ursache für den Unfall vermuten die Verkehrsbetriebe mittlerweile einen Schaden an einem Lager. Das habe zum Bruch der Achse geführt. "Wir können nach eingehenden Untersuchungen mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es sich um einen Einzelfall handelt", teilte der Vorstandsvorsitzende der BVG, Andreas Sturmowski, mit.
Bei dem Zug handelt es sich um eine Straßenbahn der Baureihe Tatra KT4D. Die Züge des tschechischen Unternehmens wurden in den 70er- und 80er-Jahren aus Prag nach Berlin geliefert. Derzeit sind 237 Züge dieser Art im Einsatz - sie stellen knapp die Hälfte der Straßenbahn-Flotte. Alle wurden nach Angaben der BVG in der Nacht zu Dienstag auf Achsenbrüche untersucht. Anzeichen für weitere Schäden gebe es nicht. Der betroffene Zug hätte noch 70.000 Kilometer bis zur nächsten Inspektion fahren sollen. Regulär liegen zwischen zwei Inspektionen 500.000 gefahrene Kilometer.
Mit der Technischen Aufsichtsbehörde hat sich die BVG zunächst auf zusätzliche Kontrollen geeinigt: So sollen die Achsen sämtlicher Tatra-Fahrzeuge monatlich mit einer Sichtprüfung auf Schäden untersucht werden. Tatra-Bahnen, die mehr als 200.000 beziehungsweise 270.000 Kilometer gefahren sind, bekommen außerdem eine "intensive Kontrolle der Lager der Achsen" beziehungsweise eine Ultraschallprüfung auf Risse.
Es ist nicht der erste Achsenbruch bei der Baureihe: Im November 2008 brach eine Achse des gleichen Modells in Potsdam. Auch hier nennt der Geschäftsführer der Potsdamer Verkehrsbetriebe ViP, Martin Weis, als Hauptursache einen "Achslagerschaden". "Außerdem hatte diese Achswelle speziell am Fahrzeug 159 einen fertigungstechnischen Fehler", so Weis. Das sei bei den anderen Zügen nicht der Fall gewesen. Der Fahrer der Straßenbahn hielt damals nach ungewöhnlichen Geräuschen an. Die Fahrgäste konnten aussteigen. Als der Zug im Anschluss auf einen Betriebsbahnhof gefahren wurde, sprang ein Rad aus der Schiene. Wie auch im aktuellen Fall hatte die Straßenbahn noch mehrere 10.000 Kilometer bis zur nächsten Inspektion vor sich. Weis versicherte damals, dass eine Tatra-Bahn auch bei einem Achsenbruch während der Höchstgeschwindigkeit von 60 Kilometern pro Stunde nicht entgleisen würde.
Die alten Straßenbahnen sollen in Berlin noch bis 2017 im Einsatz sein und bis dahin schrittweise ersetzt werden. Der Aufsichtsrat der BVG beschloss Ende Juni, zunächst 99 Flexity-Straßenbahnen für rund 300 Millionen Euro zu kaufen. Die barrierefreien Niederflurwagen sollen teilweise in zwei Richtungen fahren und so flexibler eingesetzt werden können.
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