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BUND will mehr Tübingen wagen

BUND fordert Verpackungssteuer. Die Christdemokraten mauern

Von Claudius Prößer

Am Dienstag beginnt in Genf die letzte Verhandlungsrunde für ein internationales Abkommen zur Eindämmung der weltweiten Plastikflut. Vor allem die wachsende Vermüllung der Meere soll der angestrebte „Global Plastics Treaty“ von 170 Staaten stoppen.

In Berlin geht man dagegen nur Trippelschritte in Richtung einer plastikärmeren Stadt. Der Landesverband des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat deshalb Senat und Abgeordnetenhaus erneut dazu aufgerufen, eine kommunale Verpackungssteuer einzuführen.

Der BUND verweist dabei auf das schwäbische Tübingen, das seit 2022 eine solche Steuer auf Einweg-To-go-Produkte erhebt: Pro abgegebene Verpackung müssen Gastronomen dort je 50 Cent in die Stadtkasse zahlen, für Kleinteile wie Strohhalme werden 20 Cent fällig.

Geändert hat sich mittlerweile allerdings die rechtliche Situation. Im Januar dieses Jahres entschied das Bundesverfassungsgericht, dass eine solche kommunal erhobene Steuer zulässig ist.

Für Tobias Quast-Malur, Referent für Abfall- und Ressourcenpolitik beim Berliner BUND, ist damit klar: „Auch Berlin braucht endlich eine Verpackungssteuer.“ Konstanz und Freiburg ahmten das Tübinger Vorbild schon nach, Köln wolle folgen.

Dass ein wirksames globales Abkommen zustande komme, sei ungewiss, so Quast-Malur. In Berlin ist es nach Einschätzung des BUND die CDU, die in der schwarz-roten Koalition „mauere“. Umweltsenatorin Ute Bonde wolle eine bundesweite Regelung abwarten, die unter der aktuellen Regierung aber „absehbar nicht kommen“ werde. Dabei gingen Schätzungen von potenziellen jährlichen Einnahmen zwischen 40 und 100 Millionen Euro für das Land Berlin aus.

Die SPD zeigt sich derweil immer wieder offen für eine Verpackungssteuer. In Reaktion auf die Bundesverfassungsgerichts-Entscheidung beschloss die Abgeordnetenhausfraktion einen entsprechenden Prüfauftrag. Solange die CDU nicht mitspielt, hilft das indes wenig.

Absolut geschlossen sind die Reihen der ChristdemokratInnen in ihrer Ablehnung aber auch nicht. Deren umweltpolitischer Fraktionssprecher Danny Freymark etwa argumentierte 2023 vor allem damit gegen eine Steuer, dass diese „nicht ausgeurteilt“ sei – was sich nun geändert hat.

Die Debatte fand damals statt, weil die Grünen einen (aussichtslosen) Gesetzentwurf zur Einführung einer Verpackungssteuer eingebracht hatten. Unterstützung bekamen sie von keiner anderen Fraktion. Koalition und AfD stimmten dagegen, die Linke enthielt sich. Zwar seien die umweltpolitischen Effekte wünschenswert, allerdings belaste die Steuer per Umlage auf den Preis alle VerbraucherInnen, für die auch „50, 60 Cent“ mehr ein Problem sein könnten, argumentierte die Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg. Bislang hat der Senat nur auf Kampagnen zur Vermeidung von Einwegmüll gesetzt. Ob das etwas gebracht hat, ist unklar. Zahlen zur Reduktion der Becherflut hat die Senatsumweltverwaltung nie genannt.

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