BUND-Geschäftsführer zu Schrottreaktor: „Fessenheim-Urteil zeigt Chaos“
Das älteste AKW Frankreichs wird vorerst nicht geschlossen. Jetzt müsse Präsident Macron eingreifen, fordert BUND-Experte Axel Mayer.
taz: Das oberste französische Verwaltungsgericht hat ein Regierungsdekret zur Schließung des Atomkraftwerks in Fessenheim im Elsass aus formalen Gründen gekippt. Was bedeutet das für das oft als Schrottreaktor bezeichnete Kraftwerk an der deutschen Grenze?
Axel Mayer: In erster Linie sorgt die Entscheidung für Verwirrung. Das Urteil besagt ja nur, dass die rechtlichen Grundlagen für die Schließung von Fessenheim nicht erfüllt sind. Am bisher genannten Abschalttermin, über den es ohnehin immer unterschiedliche Interpretationen gab, ändert die Entscheidung hoffentlich nichts. Sie offenbart nur das völlige Chaos und zeigt, dass die Regierung von Präsident Emmanuel Macron Klarheit schaffen muss.
Und um welche Risiken sorgen Sie sich vor allem?
Es ist das älteste Atomkraftwerk Frankreichs und liegt im Oberrheingraben, einem Erdbebengebiet. Ein Dammbruch am höher liegenden Rheinkanal könnte die Anlage überfluten. Dann wären die außen liegenden und extrem schlecht geschützten Abklingbecken mit den gefährlichen, alten, hochradioaktiven Brennstäben besonders gefährdet. Zudem ist das Fundament der Anlage trotz einer teuren, von der EnBW aus Deutschland mitfinanzierten Nachrüstung im internationalen Vergleich viel zu dünn. Und nicht zuletzt gibt es gefährliche Materialprobleme im Dampferzeuger.
Aber ein Termin, zu dem spätestens abgeschaltet wird, steht doch fest?
Der Betreiber EDF hat jetzt mitgeteilt, dass der erste Block im September 2020 und der zweite im August 2022 heruntergefahren wird. Diese Termine kamen jedoch nicht unbedingt überraschend, weil eine Laufzeit darüber hinaus eine erneute Zehnjahresrevision erforderlich gemacht hätte, die erhebliche Investitionen erfordern würde. Und die wird die EDF nicht mehr tätigen.
Haben Sie noch Hoffnung auf eine frühere Stilllegung?
Wir freuen uns erst dann, wenn Fessenheim endgültig abgeschaltet ist und es vorher keinen schweren Unfall gegeben hat. Wir haben nun die achte Ankündigung mit anschließendem Aufschub erlebt. Und wer achtmal lügt, dem glaubt man nicht. Daran, wie schwer sich Frankreich tut, hier Klarheit zu schaffen, sehen wir, dass die Atomlobby dort eine ähnliche Macht hat, wie die Autolobby in Deutschland.
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