BILANZ: Gewoba in der Gewinnzone
Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewoba präsentiert ein außerordentliches Jahresergebnis - und will damit auch die Diskussion um ihre Privatisierung beenden
Das Jahr 2009 war "das erfolgreichste in der Geschichte der Gewoba" - mit dieser Botschaft trat der Vorstandsvorsitzende der Wohnungsbaugesellschaft Volker Riebel gestern vor die Presse. 34 Millionen Euro beträgt der Jahresüberschuss für 2009, davon werden 11,4 Millionen Euro Gewinn ausgeschüttet - acht Millionen fließen in die Kasse des Hauptaktionärs Bremen.
Den Erfolg misst Riebel aber an anderen Kennziffern: Die Wohnungen der Gewoba seien so gut in Schuss, dass sie praktisch voll vermietet sind. In der Stadt Bremen beträgt die Leerstands-Quote 0,45 Prozent. Selbst im Sanierungsgebiet Tenever sind es gerade einmal zwei Prozent, nur 30 vermietbare Wohnungen.
Zum Jahresabschluss legte das Unternehmen auch eine dicke "Corporate Social Responsibility"-Broschüre vor. Demnach investiert die Gewoba in die umweltfreundliche Modernisierung ihrer Wohnungen, sie finanziert Conciergen, "Nachbarschaftsmanager" und Sportvereine. Insgesamt sei ihr dies 28 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche wert - das sei fünf Mal so viel wie manches "Private equity"-Unternehmen, zu deutsch "Heuschrecken", das Wohnungen im Portofolio hat, für deren Unterhaltung ausgebe.
So munitioniert geht man in die Auseinandersetzung um die Privatisierung des Unternehmens. Die alte Debatte wurde nach jüngsten Äußerungen des CDU-Chefs Thomas Röwekamp wieder aktuell. Der hatte letzte Woche in Huchting Gewoba-Mietern höchstpersönlich versprochen, dass sie es gar nicht spüren würden, wer der Eigentümer sei. Da kann der Gewoba-Chef nur höflich lächeln. "Ich bin Angestellter der Gewoba, das entscheiden andere", sagt er. Für ihn sei das kein Thema. Aber: "In Bremen können Sie doch bei anderen kommunalen Wohnungsbauunternehmen sehen, was passiert, wenn man privatisiert."
Riebel nennt den Namen "Bremische" nicht. Die wurde erst an die Frankfurter Investmentgesellschaft WCM/Ehlerding verkauft, dann an die amerikanische Blackstone Group. Die reichte sie an die Vitus GmbH in Mönchengladbach weiter, im Hintergrund sind englische Versicherungen. Die Mieter der Bremischen wissen aus leidvoller Erfahrung, dass all diesen Besitzgesellschaften gemeinsam ist, dass sie kein Interesse an einer nachhaltigen Bewirtschaftung ihrer Wohnungen haben.
Mitten im Gewoba-Gebiet in Tenever liegen derweil zwei Blocks in der Neuwieder Straße, die vor sich hin gammeln. "Wir würden die gerne kaufen, weil diese Blocks unsere Investitionen in den Stadtteil entwerten", sagt Riebel. Nur sei im Moment unklar, ob der Block dem australischen Eigentümer, der Konkursverwalter oder schon wieder jemand anderem gehört.
Schlagzeilen machte die Gewoba jüngst, weil sie ihren Mietern schrieb, dass sie bis zu zwanzig Prozent der Stromkosten sparen können, wenn sie statt des SWB-Basistarifes Öko-Strom von Secura Energy, einer Tochter der Mannheimer MVV, beziehen. Mit einem Jahr Preisbindung hat die Gewoba dort einen Mengenrabatt für ihre Mieter ausgehandelt. 3.500 Mieter haben schon unterschrieben, die 70.000 Euro Provision will die Gewoba in Energiesparlampen für die Treppenhäuser ihrer Gebäue investieren.
Auf dem freien Markt ist der Secura-Ökostrom genauso teuer wie der der SWB, die Ersparnis ist ein Sondertarif. Man habe mit der SWB vielfältige gute Geschäftsbeziehungen, sagt Riebel, gerade baue die SWB ein Blockheizkraftwerk in Kattenturm für die Gewoba, aber auf die Anfrage nach einem Kunden-Sonderrabatt habe der örtliche Stromanbieter schlicht nicht reagiert.
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