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BGH zu rechtsextremen BandenStrafe für „Tat-Entschluss“

Im April überfielen Rechtsextreme ein Grillfest türkischer Familien in Winterbach. Jetzt wurden die Haftstrafen gegen die Täter vom BGH bestätigt.

In diese Hütte hatten sich die Familien geflüchtet. Die Angreifer zündeten sie daraufhin an. Bild: dpa

KARLSRUHE afp | Mitglieder rechtsextremer Banden können auch dann für Übergriffe verurteilt werden, wenn die Taten nicht konkret einzelnen Mitgliedern zugeordnet werden können.

Ein gemeinsamer Tatvorsatz reicht aus, betonte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe mit einem am Donnerstag bekanntgegebenen Beschluss. Darin bestätigte der BGH die Verurteilung zweier Rechtsextremer nach einem Überfall auf türkische Familien.

Im April 2011 hatte sich eine Gruppe Rechtsextremer auf einer Wiese in Winterbach bei Stuttgart getroffen. 120 Meter entfernt hatten sich türkische Familien zum gemeinsamen Grillen verabredet. Mindestens elf der Rechtsextremen beschlossen laut BGH, den Türken eine „körperliche Abreibung“ zu verpassen.

Zwei der Angegriffenen wurden mit wuchtigen Ellenbogenstößen und Tritten misshandelt. Andere konnten in eine hölzerne Gartenhütte flüchten, die Rechtsradikalen zündeten diese jedoch an. Mehrere Türken verletzten sich bei der Flucht aus der brennenden Hütte.

Das Landgericht Stuttgart verurteilte zwei der Rechtsextremen zu jeweils zwei Jahren und fünf Monaten Haft. Auch wenn den Angeklagten einzelne „Verletzungshandlungen“ nicht konkret zugeordnet werden konnten, reiche der „gemeinsame Tatentschluss“ aus. Dies bestätigte nun der BGH. Der Prozess gegen die übrigen Beteiligten des Überfalls begann erst im August. Ein Urteil steht noch aus.

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10 Kommentare

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  • FB
    Franz BEER

    Ist diese ,,Strafe,,verhältnismäßig. Versuchter mehrfacher Mord,Brandstiftung usw usw. NEIN. 20 Jahre und 5 Monate zum Nachdenken. DAS WÄRE OK.

  • B
    bull

    2 Jahre und 5 Monate Haft?

    Das ist ja lächerlich.Das mache ich auch.

  • R
    Rowdy-Terror

    Greift da nicht der § der kriminellen Vereinigung?

    Oder darf jetzt jede Bande einfach andere Leute anzünden?

    Bleibt zu hoffen, daß der NSU-Terrorismus nicht noch mehr um sich greift!

  • D
    D.J.

    @hallo?

     

    Danke für die Info.

     

    @Ralph,

     

    ich glaube, Sie sehen das völlig falsch. Es war nachgewiesen, dass sie als Gruppe zumindest den Willen zur Körperverletzung hatten. In einem solchen Fall muss man nicht im Einzelnen nachweisen, wer nun genau welchem Schlag ausgeführt hat. Das ist auch nichts Neues, sondern wurde schon immer so gehandhabt (zum Glück, alles andere wäre widersinnig und würde die Verurteilung eines jeden Mobs verhindern).

  • AR
    Alexander Rafalski

    Schon bemerkenswert, wie die Kuscheljustiz - Auffassung, dass da kein versuchter Mord vorliege, von den Angeklagten quittiert wird. Mit einer Revision, die auch noch die Mittäterschaft in Frage stellen will.

     

    Dass Gewaltverbrecher so ein Entgegenkommen immer als Schwäche interpretieren und jede Einsicht in das eigene Unrecht in noch weitere Ferne rückt, wird die heutige Richtergeneration wohl nicht mehr kapieren.

  • R
    Ralph

    Wie jetzt - lese ich das richtig, daß es eben *keinen* ordentlichen Nachweis mehr braucht, um jemanden ins Gefängnis zu stecken? Ich hoffe doch mal nicht!

     

    Auf der anderen Seite bleibt jedoch zu fragen, ob und inwieweit die Gefängnisstrafe den Betroffenen hilft. Ich glaube nicht, daß mich zweieinhalb Jahre Gefängnis für Leute, die mich bei lebendigem Leib anzünden wollten, "befriedigen" würde.

     

    Was ich aber weiß: ohne ordentlichen Nachweis jemanden in den Knast stecken zu können würde der Willkür Tür und Tor öffnen. "Du hast nen Kind vergewaltigt, wir können's dir zwar nicht nachweisen, aber was solls! Ab in den Bau!"

  • H
    hallo?

    @D.J.

    @Rizo

    So ein Quatsch von wegen Kuscheljustiz. Einfach mal die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs lesen.

     

    Für den Mordversuch hätte man dann doch erst mal den Tatvorsatz der Verurteilten nachweisen müssen. Und da - so jedenfalls die Pressemitteilung des BGH - nicht geklärt werden konnte, wer die Hütte angezündet hat, kann man das nicht einfach allen unterstellen, die dabei waren. Der ursprüngliche Entschluss, den man wohl nachweisen konnte, ging dahin "eine körperliche Abreibung zu verpassen" und das ist mitnichten ein Mordvorsatz.

     

    Wenn sich ermitteln lässt, wer das Feuer gelegt hat und wer vielleicht noch das Feuerzeug gereicht hat, dann werden diese Personen sicherlich auch wegen Mordversuchs verurteilt.

  • H
    Hatschi

    Wo war die Security ?

  • R
    Rizo

    @ D.J.:

     

    Sehe ich auch so. Wenn das kein Mordversuch war - was ist denn dann einer?

     

    Naja, typische Kuscheljustiz. "Dummer-Jungen-Streich", gepaart mit "schwerer Kindheit" und "Sorry, ich war besoffen."

  • D
    D.J.

    Äh, und wieso wird das Anzünden einer Hütte, in der sich Menschen befinden, nicht als Mordversuch gewertet? Mir scheinen die Strafe wesentlich zu milde!