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BER-Eröffnung im Oktober 2013Die Mauer stand schneller

Für den neuen Flughafen Berlin-Brandenburg gibt es einen neuen Eröffnungstermin: Im Oktober 2013 soll es nun endlich so weit sein. Die Kosten erhöhen sich weiter.

Läuft's? Nee! Am 12. September kommt der Verkehrausschuss des Bundestages zur Flughafenkontrolle Bild: dpa

BERLIN taz | Die Verantwortlichen des Pannen-Flughafens Berlin-Brandenburg nehmen einen neuen Anlauf: Der Airport soll nach diversen Verzögerungen nun erst im Oktober 2013 eröffnen, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Dienstag. Platzeck ist Mitglied des Aufsichtsrats der Flughafenbetreibergesellschaft. Das Gremium werde in seiner Sitzung am Freitag über einen genauen Termin beraten.

Ebenso werden die Vertreter der Flughafen-Anteilseigner Berlin, Brandenburg und des Bundes bei ihrem Treffen klären müssen, wie sie die wachsenden Kosten für das Großprojekt stemmen wollen.

Eigentlich sollte der Flughafen im Oktober 2011 eröffnen. Unter anderem wegen der Pleite einer Planungsfirma verlegten die Verantwortlichen den Termin auf den 3. Juni 2012.

Kurz vor dem Termin musste der Aufsichtsrat unter Leitung von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zugeben, dass die Brandschutzanlage des Terminals nicht funktioniert. Nun sollte es eigentlich am 17. März 2013 so weit sein.

Doch nachdem die Flughafengesellschaft der zuständigen Planungsgemeinschaft gekündigt hatte, fand der eiligst vom Frankfurter Flughafen verpflichtete neue Technikchef Horst Amann bei seinem Amtsantritt unvollständige Planungsunterlagen vor. Bauarbeiten ruhen derzeit, die neu beauftragten Planer müssen sich erst einarbeiten.

Nun habe Amann seine Bestandsaufnahme der Planungs- und Bauarbeiten beendet, erfuhr die taz aus Aufsichtsratskreisen. Damit Amann schnellstmöglich allgemeine Klarheit über den weiteren Zeitplan herstellen kann, wurde die Aufsichtsratssitzung um eine Woche vorverlegt.

Vermutlich zum Winterfahrplan

Wahrscheinlich ist, dass Amann den 27. Oktober 2013 als Eröffnungstermin vorschlägt; dieser Tag markiert den Start des Winterflugplans. Ein so terminierter Umzug der Fluggesellschaften von den alten Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld an den neuen Airport liegt nahe.

Unklar sind die finanziellen Folgen der erneuten Verlegung. Weder die Flughafengesellschaft noch Vertreter der Länder Berlin und Brandenburg wollten sich dazu am Dienstag der taz gegenüber äußern.

Zuletzt standen die Gesamtkosten bei rund 4,3 Milliarden Euro; sie waren mit der Verlegung auf März 2013 um knapp 1,2 Milliarden gestiegen. 276 Millionen davon entfallen auf Mehrkosten beim Bau, 118 Millionen auf den längeren Betrieb von Schönefeld und Tegel.

Erweiterter Lärmschutz

Den größten Teil der bisher aufgelaufenen Steigerungen macht der erweiterte Lärmschutz aus: Dessen Niveau hatte die Flughafengesellschaft in ihren ursprünglichen Planungen zu niedrig angesetzt und musste es nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg im Juni 2012 nach oben korrigieren.

Ihre aktualisierten Lärmschutz-Pläne bezeichnen die Flughafenaufsichtsräte als „Kompromiss“, der 500 Millionen kosten soll. Das wären 100 Millionen weniger, als die für die komplette Umsetzung des Gerichtsbeschlusses veranschlagten 600 Millionen.

Genau diese 100 Millionen Einsparungen, so Aufsichtsratskreise gegenüber der taz, könnten womöglich verhindern, dass die Gesamtkosten mit der neuerlichen Verlegung noch einmal nennenswert steigen.

Neue Klage eingereicht

Lang dürfte diese Prognose nicht Bestand haben: Anwohner haben bereit eine neue Klage eingereicht; sie wollen die komplette, 600 Millionen Euro teure Umsetzung des Urteils zum Lärmschutz erzwingen.

Indessen kostet jeder Monat, um den sich die Eröffnung verzögert, 20 Millionen mehr – das macht bei der Verlegung von März auf Oktober 2013 schon einmal 140 Millionen Euro. Zudem können Pächter von Läden im neuen Flughafengebäude ab einer Verschiebung um 18 Monate Schadenersatzansprüche geltend machen.

Es ist allerdings unklar, ab welchem der bisher bestehenden Eröffnungstermine die Frist gilt. Dazu konnte am Dienstag nicht einmal die Flughafengesellschaft etwas sagen.

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3 Kommentare

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  • W
    Wüstenratte

    Den Bau sollte man sofort einstellen, und das was steht, der Bundeswehr als Übungsgelände für den Häuserkampf übergeben. Und ddie GSG 9 könnte dort Geiselbefreiung aus Flugzeugen üben.

  • A
    aurorua

    Es ist doch kein Wunder!

    Da werden per Ausschreibung namhafte Firmen zum Bau eines Flughafens beauftragt, erwartet wird optimale Koordination und die Zahlung von anständigen Löhnen. Tatsächlich werden dann Subunternehmer in die Pflicht genommen und vor Ort finden sich relativ unqualifizierte Arbeiter aus diversen Ländern Osteuropas, abgespeist mit Hungerlöhnen.

    Die daraus resultierenden finanziellen Überschüsse, bezahlt vom Steuerzahler, fließen in die privaten Taschen einiger weniger.

    An der Baustelle selbst herrscht nicht nur eine Sprachenverwirrung wie beim Turmbau zu Babel sondern Improvisation und Pfusch sind zwangsläufig die Regel. Wenn zum guten Schluss nichts wirklich funktioniert und entsprechende Nachbesserungen wiederum Milliarden an Steuergeldern verschlingen ist nur normal.

    Das einem gescheiterterten Juristen mit Parteibuchkarriere der weder Ahnung von wirtschaftlichen Prozessen noch einen Schimmer von Bauingenieurwesen hat, als Ausichtsratsvorsitzenden dort letztlich alles entgleiten muss ist doch nur logisch.

  • S
    Stratege

    Der Hauptstadtflughafen BER hat ein unsicheres Betriebssystem in Form der komplexen Brandschutzanlage. Deren Funktionsfähigkeit entscheidet darüber, ob der Flughafen betriebsfähig ist.

     

    Damit ist die Anlage praktisch eine tickende Zeitbombe für den Flughafen-Betreiber.

    Zugleich zwingt die labile Konstruktion die Flughafenplaner, den Flughafen Tegel auch in Zukunft offen zu halten. Eine Hauptstadt, die wegen Reparaturen an Brandschutzanlagen für Wochen ohne Flughafen ist - wäre undenkbar.

     

    Man muss nun den Berlinern und Brandenburgern reinen Wein einschenken.

     

    Zugleich wird ein mehrjähriger Umbau des Flughafens die einzig sinnvolle Option sein - um Tegel überhaupt jemals schließen zu können.

     

    Der Worst-Case ist da!