Autorin über Leidenschaft: „Ich merke, wenn ich zu weit gehe“

Mit 13 gründete Larissa Bendel den A-ha-Fanclub, ihr Roman über Online-Dating ist im Selbstverlag erschienen. Ein Gespräch über planvolles Handeln.

Larissa Bendel steht im Hamburger Hafen.

Kennt sich mit Umwegen aus: Autorin Larissa Bendel Foto: Miguel Ferraz

taz: Frau Bendel, warum haben Sie Ihr Buch im Selbstverlag veröffentlicht?

Larissa Bendel: Einen Verlag zu finden, ist wie ein Lottogewinn – und ich hatte leider kein Glück.

Wie vielen Verlagen haben Sie das Manuskript geschickt?

Etwa einem Dutzend, vor allem kleineren. Ich habe von einigen auch sehr positive Rückmeldungen bekommen, aber es hat dann niemand gesagt: „Ja, wir nehmen das jetzt.“

Es gibt Autor:innen, die ganz bewusst im Selbstverlag publizieren, weil sie dann selbstbestimmter arbeiten können.

Das kann ich nachvollziehen, weil ich es selbst sehr schätze, Dinge von Anfang bis Ende in der Hand zu haben. Aber das Entscheidende ist der Werbe-Faktor. Zum einen haben Verlage einfach ein größeres Renommee, da wird eher mal ein Buch im Feuilleton einer Tageszeitung besprochen. Und für meine Sachbücher hatte ich mit Verlagen zusammengearbeitet, das war für mich eine sehr schöne Erfahrung.

Fühlt es sich wie eine Niederlage an, ein Buch im Selbstverlag herauszubringen?

Nein, entscheidend ist, dass ich es veröffentlicht habe. Das habe ich gemacht, weil ich überzeugt bin, dass das Buch gut ist. Aber es wäre einfacher, als Autorin Fuß zu fassen, wenn man bei einem Verlag publiziert. Das Selfpublishing hat einfach immer noch einen schlechten Ruf, was sich nur langsam ändert, obwohl es sehr gute Au­to­r:in­nen gibt, die das machen und auch renommierte Verlage nicht nur Sachen veröffentlichen, die gut sind.

Die erfolgreichen Self­pu­blishe­r:in­nen wollen oft nicht mehr zu Verlagen, unter anderem weil sie dort viel weniger verdienen.

Das höre ich auch, vor allem im Bereich Fantasy scheint das sehr gut zu funktionieren. Das ist aber nicht meins.

47, gründete mit 13 Jahren den internationalen Fanclub der norwegischen Popband A-ha. Über ihre Fanleidenschaft hat sie mehrere Bücher geschrieben („a-ha-Effekte“). Heute lebt und arbeitet die Amerikanistin in Hamburg als Autorin und Fitnesstrainerin. „Eselgrün“, Anfang des Jahres im Selbstverlag erschienen, ist ihr dritter Roman.

Wie viel Marketing hat Ihr Selbstverlag gemacht?

Die verschicken eine Pressemitteilung an einen Verteiler, den man aber als Au­to­r:in nicht offengelegt bekommt, veröffentlichen die auf der Homepage und auf Facebook und das war’s.

Wie kam es, dass der NDR auf „Eselgrün“ aufmerksam wurde?

Ich glaube, das lag daran, dass ich einen der Redakteure aus meinem eigenen Verteiler angeschrieben hatte und dem das Buch offenbar gefiel. Er hat es ja sehr positiv besprochen.

Haben die Buchverkäufe die Kosten für die Veröffentlichung schon wieder reingeholt?

Das ja, aber nicht die für die Arbeitszeit.

Wie Sie an das Bücherschreiben herangehen, erinnert mich daran, wie Sie in Ihren Sachbüchern über Ihre Fan-Leidenschaft für die Band A-ha schreiben.

Ja, das ist meine Mentalität. Wenn etwas im Leben passieren soll, muss ich das auch angehen. Ich bin niemand, die zehn, zwölf Jahre sagt, „ich habe da einen Roman in der Schublade liegen“, bis sich ein Verlag findet, der ihn veröffentlichen will.

Sie haben mit gerade einmal 13 Jahren den internationalen A-ha-Fanclub in Hamburg mit gegründet und so Kontakt zur Band bekommen. Mich hat besonders beeindruckt, wie Sie 1989 am Haus der Eltern von Morten Harket klingeln, damals eins der größten Teenie-Idole überhaupt. Seine Mutter lässt Sie ins Haus, Sie plaudern zwei Stunden und sie zeigt Ihnen private Hochzeits-Fotos.

Manchmal staune ich selbst darüber. Aber mir ist wichtig, dass ich nie etwas einfach so gemacht habe, sondern immer alles sehr genau durchdacht habe. Ich habe versucht, niemandem auf die Nerven zu gehen.

Ich wollte gerade fragen, ob Sie mal auf die Nase gefallen sind. Es birgt ja ein Risiko, so mutig zu sein.

So würde ich das nicht nennen. Wenn etwas nicht geklappt hat, habe ich Umwege nehmen müssen, so wie jetzt bei dem Buch.

Auf die Nase fallen würde vielleicht bedeuten, sich mit einem Buchprojekt finanziell zu ruinieren – oder auch mit der Fan-Leidenschaft.

Nein, ich merke, wenn ich zu weit gehe.

Haben Sie das bei anderen Hardcore-Fans anders erlebt?

Ja. Es gibt Leute, die sich wegen der Konzertreisen überschuldet haben. Oder alles für das Fan-Sein riskiert haben, eine Kündigung vom Job, eine Trennung vom Partner. Oder Freundschaften aufs Spiel gesetzt haben, Menschen ausgenutzt, um sich Vorteile zu verschaffen. Die einfach die Grenzen nicht mehr gesehen haben. Man muss nicht 50 Konzerte in einem Jahr sehen. Zehn reichen auch.

Stimmt es eigentlich, dass bei a-ha-Konzerten in der ersten Reihe seit Jahrzehnten immer dieselben stehen oder sitzen und dann auch in einer bestimmten Reihenfolge?

Ja. Wobei ich schon seit bestimmt 25 Jahren nicht mehr in der ersten Reihe bin. Für mich hängt die Qualität eines Konzert-Erlebnisses nicht davon ab, von der Band gesehen zu werden. Das ist eins, das ich mir selbst schaffe. Dafür kann ich irgendwo einen Platz haben, an dem ich mich wohlfühle.

In Ihrem Roman geht es um eine Frau, die über Online-Dating einen Mann sucht. Haben Sie eigene Erfahrungen damit gemacht? Und sind Sie das ebenso planvoll angegegangen wie zum Beispiel das Buchprojekt?

Ich habe das über einen Zeitraum von einem Jahr und drei Monaten gemacht und dabei meinen Partner kennengelernt – wie meine Protagonistin. Aber was ich erzähle, ist nur teilweise autobiografisch. Und einen Plan hatte ich nicht. Ich war zu der Zeit sehr unglücklich und wollte etwas dagegen tun. Ich hätte auch etwas anderes machen können, aber ich habe mich für Online-Dating entschieden. Deshalb hatte ich auch nicht jedes Mal vor einem Treffen die Hoffnung, meinen Traummann zu treffen. Für mich war das auch so eine interessante Erfahrung.

Inwiefern?

Ich finde es spannend, weil man Menschen kennenlernt, die man vielleicht sonst nicht getroffen hätte. Und ich habe viel über mich selbst gelernt in dieser Zeit. Das hat mich, glaube ich, offener gemacht, freier und auch selbstsicherer.

Im Buch klingen auch schmerzhafte Erfahrungen an. Da sagt ein Mann den Satz zur Protagonistin „Ich brauche Zeit.“

Ja, den habe ich selbst leider auch gehört. Das war furchtbar und letztendlich der Anlass, das Erlebte literarisch zu verarbeiten. Ich hatte mich richtig doll in einen Mann verliebt und erst zu spät dessen Beziehungsunfähigkeit bemerkt.

Ich wundere mich manchmal über die Erwartungen, die offenbar viele Männer, aber auch Frauen, an ihr Gegenüber und die Begegnungen haben.

Ja. Was ich teils frustrierend fand, war das Gefühl, dass viele einen Katalog mit sich herumtragen, was sie wollen und was sie nicht wollen. Das können Äußerlichkeiten sein wie die Länge der Haare oder auch bestimmte Eigenschaften, und wenn man das nicht erfüllt, ist man unten durch.

Wenn man sich das eine Zeit lang anguckt, kommt man ins Grübeln, was Liebe eigentlich ist, oder?

Ja. Ich würde jetzt sagen, Liebe entsteht, wenn man das gegenseitige Gefühl hat, dass da jemand ist, der meine Persönlichkeit versteht, akzeptiert und auch letztlich fördert, die das, was mich positiv ausmacht, auch herausstellt. Ich glaube, es geht darum, sich mit jemandem wohl zu fühlen, genau so, wie man ist.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.