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Autoknacken — ein tödlicher Wahnsinn

■ 15jähriger Autodieb vom Komplizen zu Tode geprügelt/ Opfer hatte dem Täter einen geklauten Wagen vor die Tür gestellt/ Kripo: »Banale Gründe«

Lichtenberg. Autos zu knacken wird für Ostberliner Jugendliche immer mehr zum tödlichen Wahnsinn. In der Nacht zu Mittwoch wurde der 15jährige Schüler Björn L. in Lichtenberg von dem 18jährigen Jugendlichen Carsten L. zu Tode geprügelt. Hintergrund ist offenbar, daß Björn L. mehrmals Autos geklaut hatte und diese nach Spritztouren in der Nähe von Carsten L.s Wohnhaus abgestellt hatte. Nach Erkenntnissen der Kripo gehören sowohl das Opfer als auch der Täter einer Lichtenberger Autoknackerbande an. Björn L. ist in diesem Jahr bereits der dritte Jugendliche dieser Gruppe, der für diesen »Freizeitsport« mit seinem Leben bezahlte. Ende Februar waren zwei 15 und 16 Jahre alte Schüler mit einem gestohlenen Opel Kadett in der Nähe von Erkner in den Tod gerast. Der dritte Jugendliche im Auto wurde schwer verletzt.

Den bisherigen Ermittlungen der Kripo zufolge war der 18jährige Carsten L. Mittwoch nacht mit zwei 17jährigen Freunden auf Autoklau- Tour in Marzahn. Carsten L. habe die beiden abgesetzt, um Autos zu knacken, und sei selbst zu einem vereinbarten Treffpunkt an der Marzahner Chaussee/ Ecke Alt Friedrichsfelde gefahren. Dort, so die Polizei, traf er auf den 15jährigen Björn L. Beide kannten sich. Nach Angaben von Carsten L. hatte Björn schon häufiger gestohlene Autos in der Nähe von Carstens Wohnung abgestellt. Weil Carsten offenbar befürchtete, daß der Verdacht auf ihn fallen könne, stürzte er sich wütend auf Björn, trat und schlug so auf ihn ein, daß dieser zu Boden fiel. Auch danach habe Carsten noch weiter auf sein Opfer eingedroschen. Björn starb wenig später im Notarztwagen, der von einem unbekannten Anrufer herbeigeholt worden war.

Carsten L. und fünf seiner mutmaßlichen Komplizen wurden am Ort der Schlägerei festgenommen. Während die übrigen gestern nach ihrer Vernehmung wieder freigelassen wurden, sollte Carsten dem Haftrichter vorgeführt werden. Ob der Richter Haftbefehl erließ, stand bei Redaktionsschluß nicht fest. Die für Lichtenberg zuständige Referatsleiterin Ellen Karau ging jedoch davon aus, daß Carsten L. in Untersuchungshaft kommen werde. Diese neue Stufe der Brutalität, so Karau, habe sie selbst nicht besonders überrascht, »auch wenn das vielleicht sehr hart klingt«. Die Gewalt unter Jugendlichen in Ost-Berlin und der Drang, Autos zu klauen, habe drastisch zugenommen und könne längst nicht mehr nur als Folgeerscheinung der Wende interpretiert werden. Gegen eine ganze Reihe Lichtenberger Jugendlicher seien inzwischen diverse Ermittungsverfahren wegen Autodiebstahls anhängig. »Bei der Vernehmung versuchen alle, es auf die Wende zu schieben«, in Wirklichkeit seien die Beweggründe jedoch sehr banal: Geschwindigkeitsrausch, Abenteuerlust und das vermeintliche Gefühl von Freiheit. Die Referatsleiterin sieht sich durch zwei Freunde der im Februar tödlich verunglückten Jugendlichen bestätigt, die im geklauten Auto zur Beerdigung gefahren waren. Auf ihre Frage, warum sie nicht endlich damit aufhörten, hätten die beiden geantwortet: »Das ist standesgemäß.« plu

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