Auszeichnung für „Friedensrichter“

■ Für ihre Blockadeaktion in Mutlangen wurde gestern drei RichterInnen die Carl–von Ossietzky–Medaille von der Internationalen Liga für Menschenrechte verliehen/Die Laudatio hielt der vorjährige Preisträger Erich Fried

Aus Berlin Benedict M.Mülder

Stellvertretend für die „Initiative Richter und Staatsanwälte“, für die „vielen Frauen und Männer der Friedensbewegung“, erhielten gestern Amtsrichterin Imme Storsberg (Ulm), ihr Kollege Eckart Rottka (Berlin) und Arbeitsrichter Eberhard Carl die von der Internationalen Liga für Men schenrechte verliehene Carl–von– Ossietzky–Medaille 1987 in Berlin. Alle drei hatten zu Beginn des Jahres an der umstrittenen „Sitzblockade“ von 20 RichterInnen in Mutlangen teilgenommen und waren in erster Instanz von einem Schwäbisch–Gmünder Amtsrichter wegen „Nötigung“ verurteilt worden. In Anwesenheit der Tochter Ossietzkys, Rosalinde Ossietzky–Palm, und über 200 Teilnehmern, begründete der Präsident der Liga, Prof. Evers, die Auszeichnung: „Mit ihrem Handeln verbinden wir die Hoffnung, daß es in unserer Republik Richterinnen und Richter gibt, die nicht vorgeben, neutral und unpolitisch zu sein, sondern die sich ihrer demokratischen Verantwortung gerade auch in ihrer Funktion als Richter bewußt sind.“ Erich Fried nannte es in seiner Laudatio einen „Sieg des Gewissens dieser Richterinnen und Richter, aus ihrer angeblich standesgemäßen Reserve hervorzutreten und gegen das zu demonstrieren, was sie als mörderisches Unrecht erkannt haben“. Die deutsche Justiz habe damit „wenigstens teilweise“ wieder an Ansehen gewonnen. Er betonte: „Die Meinung vieler, daß alle Richter Feinde seien - manchmal heißt es auch: Schweine - kann nicht aufrechterhalten werden.“ Evers wie Fried bezeichneten die jüngste Vereinbarung über den Abbau der Mittelstrecken–Raketen als Verdienst der Friedensbewegung. Sie forderten dazu auf, im Interesse „weltweiter Abrüstung, Nichtangriffsfähigkeit und neuem Denken“ (Evers) „weiter zu machen, grimmig, entschlossen und emotionslos“ (Fried). Insbesondere nach Ächtung der Raketen, so Fried, seien auch „juristische Maßnahmen gegen Richter und Demonstranten ein doppelter Skandal“ für die Bundesrepublik. Statt Amnestie forderte Evers die Einstellung aller Disziplinar– und Straf– sowie die Wiederaufnahme abgeschlossener „Nötigungs–verfahren“. Siehe Kommentar Seite 4