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Ausstellungsempfehlung für BerlinPersephone und ihre Schwestern

kate-hers RHEE zeigt in der Galerie Irrgang ihre Kunst der feministischen Neu-Erzählung. Die taz sprach mit der Künstlerin.

kate hers RHEE, „Sieben Schwestern“, 2018, Skulpturale Installation: Bambusfrauen, Schirmmütze, LED Lichtstreifen, ca. 3,5 x 2,94 x 2,67 m, Ausstellungsansicht Foto: Marcelina Wellmer
Noemi Molitor
Interview von Noemi Molitor

Die Künstlerin kate-hers RHEE ist eine feministische Umschreiberin: Jegliche hartnäckigen Verknüpfung nationaler Master-Erzählungen mit Sexismus rollt sie auf und verstrickt sie wortwörtlich neu. Was RHEE in ihrer Einzelausstellung „Past Persephone“ bei Meanwhile.Elsewhere“ auf feinsinnige Weise um-schreibt, können ethnozentrische Wandtexte sein, wie sie in Ethnologischen Museen zu finden sind; das Schicksal mythologischer Frauenfiguren in Ovids „Metamorphosen“; aber auch die Deutungshoheit über Traveling Objects bzw. Traveling Symbols.

Darunter die Swastika, die in Korea ubiquitär ist, oder die „Himmelsscheibe von Nebra“, ein archäologischer Fund, den das Land Sachsen Anhalt zur Marke anmelden will. Wie aber könnte der Kosmos, den die Scheibe zeigt, je einem Besitzrecht unterliegen? RHEE arbeitet beide Zeichen zu einer Soft Sculpture aus Filz um und weicht so das Eingeschriebene auf.

Tafeln an der Wand bieten scheinbar historische Einordnungen des Gezeigten, führen aber gleichzeitig zu köstlichen Persiflagen des Gestus ‚Geständnis‘: „Die Autorin dieses Textes hat nie…“ steht am Ende der Objektbeschreibungen. Nie hat RHEE also den eingeschriebenen Funktionen und Symboliken der hier gezeigten Gegenstände Folge geleistet, nie hat sie an die Notwendigkeit androzentrischer Erzählmuster geglaubt – sich dafür aber umso eingehender mit der Kultur- und Sozialgeschichte all dieser Tradierungen beschäftigt. Kulturgut, so sagt sie, ist nicht nur ein archäologischer Fund, sondern auch die Menge der Wahrnehmungsweisen und Alltagspraxen, die eine Gesellschaft prägen. Also auch solcher, die rassistische Codierungen etablieren, Rape Culture normalisieren, oder aber in Rettungs-Diskurse gegenüber Frauen verfallen.

Ob sie in ihren Arbeiten sexualisierte Gewalt oder subtile Botschaften weiblicher Hilfsbedürftigkeit in Hollywood-Klassikern thematisiert, RHEEs neue Bild- und Objektkonstellationen beinhalten immer auch eine reparative Geste: Alltagsschuhe aus Gummi werden zu Dorothys Ruby Slippers aus „Der Zauberer von Oz“, die sie mit den „Sieben Schwestern“ (2018) teilt, einer schwebenden Installation aus LED-bespielten Bambusgeflechten. Die Arbeit ist verschiedenen Frauen gewidmet, realen wie fiktiven.

Im Dunkeln wirft die Konstellation einen fluktuierenden Regenbogen an die Wand – ganz ohne Videoprojektor. Das reflektierte Geflecht wird zum modularen Gateway an der Wand, zum Übergang zur Nacht, jenes Zeit-Orts, der auch für Persephone steht. Denn sie ist es, die zwischen Unterwelt und Erde wandeln kann. Das Wandeln, die Verwandlung, RHEE erfindet hier auch eine neue Form des Gedenkens.

Die Ausstellung

Meanwhile.Elsewhere, ein Projekt der Galerie Irrgang, Di.–Fr. 11–18 Uhr, Sa. 14–18 Uhr, bis 6. 4. 2019, Friedrichstr. 232

Einblick (766): kate-hers RHEE, Künstlerin

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

kate-hers RHEE: Ich habe kürzlich eine spannende und immersive Soundperformance in der Galerie dam dam im Koreanischen Kulturzentrum von GRAYCODE und jiiiiin besucht. Mir kommen die besten Ideen bei Liveauftritten von Klangkünstlern oder Musikern. Die Ausstellung über den Kurator Frank Wagner in den KW hat mich sehr bewegt. Außerdem bin ich gespannt auf die aktuellen Arbeiten von Otobong Nkanga im Martin-Gropius-Bau.

Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?

Bild: Michael Hurt
Im Interview: kate-hers RHEE

Die in Seoul, Südkorea, geborene kate-hers RHEE wuchs in einer Arbeiterfamilie in Detroit auf. Mit 12 lernte sie, mit einem Gewehr zu schießen, war aber nicht besonders gut darin. Mit 14 lernte sie Autofahren und besaß mit 25 einen Pick-up-Truck. Mit 32 zog sie nach Berlin und hörte auf, Englisch zu sprechen, als Kunstprojekt und um Deutsch zu lernen. Sie arbeitete als Barista, Englischlehrerin, Filmvorführerin, Museumspädagogin, Kellnerin, Hotelmanagerin, College Recruiter, Hochzeitsfotografin, Lehrassistentin, Verkäuferin, Videoeditorin und Buchhalterin. Jetzt ist sie endlich eine Vollzeitkünstlerin.

Ein Freund hat mich zu seinem Auftritt im LoopHole in Neukölln eingeladen, einem kleinen Klub für Soundexperimente, den ich auf jeden Fall öfter besuchen werde. Ich verpasse auch keine Veranstaltung bei einBuch.haus in Prenzlberg, bei denen das Konzept des Buches als Kunst im Mittelpunkt steht.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

Ich benutze kaum noch Social Media, um Zeit zum Lesen zu finden. Im Moment lese ich „The Boy Kings of Texas: A Memoir“ des mexikanisch-amerikanischen Autors Domingo Martinez und „Pachinko“ von Min Jin Lee aus Korea. Vor Kurzem habe ich das Buch „Negro Spirituals“ bekommen, herausgegeben in den 1960ern von Janheinz Jahn. Es macht viel Spaß, all die Lieder auf YouTube zu finden.

Was ist dein nächstes Projekt?

Ich bereite mich auf eine Gruppenausstellung im Juni in der Galerie Wedding im Rahmen des „Soft Solidarity“-Programms vor. Und ich bin diesen Sommer Artist-in-Residence der Incheon Art Platform in Südkorea.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

Mein Nachmittagsschläfchen.

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