piwik no script img

Ausstellungsempfehlung für BerlinTransformations-Substanz

Durchweg substantiell: die diesjährige Gruppenausstellung des Goldrausch Künstlerinnenprojekts. Die taz sprach mit Stipendiatin Elisa Duca.

Goldrausch 2017. Elisa Duca, „Netz“, performative Installation, mixed media, 2017 Foto: Elisa Duca
Noemi Molitor
Interview von Noemi Molitor

„…hier waren von mir auch in allen hier dein Leben vor auch an hier 3 Minuten vor …“

So oder so ähnlich liest es sich, wenn Maja Wirkus Archivfetzen der Architektengruppe Praesens repliziert und auf Collagen in Überlagerungen überführt. So oder so ähnlich lassen sich aber auch die Emissionen der diesjährige Gruppenausstellung des Goldrausch Künstlerinnenprojekts umschreiben: durchweg überzeugende Positionen, die sich ebendieser Klarheit wegen mühelos durchkreuzen und vernetzen.

Wände abgeklopft hat Laure Catugier und sie im ersten Stock vertont, Anneke Kleimann kondensiert Zeitschichten auf Acrylplatten – als bewegliche Raster, deren Rot wiederum Saskia Wendlands minimalistische Kreise reflektieren, die die Künstlerin in einem Armzug aus der Körpermitte über das Papier zieht.

Steuerung und Zufall auch in den ausgegossenen Vogelwesen von Julia Schramm, in Lisa Premke kinetischen Faden-Käfern und in den Meereswellen, denen Laia Ventayol mit Kohle nachjagt, sobald sich diese per Video kurz an der Wand materialisieren.

Die Ausstellung

Studio 1 im Kunstquartier Bethanien

Bis 23. 9., täglich 11–20 Uhr

Mariannenplatz 2

Sa., 16. 9.: Gespräch mit Isabelle Meiffert, 16 Uhr / Konzert von und mit Sophia Mix, 19 Uhr

Und immer wieder das Archiv: als Mikrokosmos einst retuschierter Familienfotos bei Azar Pajuhandehs, aber auch in Nuray Demirs Zitatsammlung postmigrantischer Forderungen seit 1989, dem Jahr der Goldrausch-Gründung.

Elisa Ducas performative Installation „Netz“ fängt all die Substanzen und Affekte der umliegenden Werke in ihren Ausstülpungen ein und entlässt sie, so transformiert, wieder zurück in den Raum.

Einblick: Elisa Duca, Künstlerin

Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

Unsere eigene Ausstellung natürlich! Ich bin Teil des Goldrausch-Künstlerinnenprojekts 2017, und unsere Ausstellung im Studio 1 des Kunstquartiers Bethanien läuft noch bis zum 23.09. Da gibt es radikal unterschiedliche Positionen zu sehen. Ich habe viel von meinen Kolleginnen gelernt. Meine eigene Arbeit, eine performative Installation, versucht, aus Elementen ihrer Arbeiten noch einmal ein ganz eigenes Netz zu spinnen.

Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?

Den Kosmetiksalon Babette. Im Moment laufen dort täglich wechselnde Ausstellungen, Konzept und Energie sind toll. Und natürlich wird auch dieser Ort jetzt wieder verschwinden. In einem Jahr ist er weg – verkauft. Berliner Tragik. Gespannt bin ich auch auf alles, was an der neuen Volksbühne passiert.

Bild: Anders Bigum
Im Interview: Elisa Duca

Elisa Duca (*1978, Italien) ist Performance- und Installationskünstlerin und hat ihr Studium am Institut DAMS (Drama, Art and Music Studies) der Universität Bologna abgeschlossen. Sie ist seit dreizehn Jahren leidenschaftliche Berlinerin und bildet gemeinsam mit Robin Detje das Künstlerduo bösediva. Ihre Arbeiten waren neben Berlin in Mannheim oder Mailand zu sehen, auf Einladung des Goethe-Instituts auch in Bangalore und Taipeh. 2017 ist sie eine der Stipendiatinnen des Goldrausch-Künstlerinnenprojekts.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

Eine Kombination aus den „Texten zur Kunst“ und „Vice“ auf dem Laptop-Bildschirm. Hohe Intellektualität und totaler Trash. Das ist eine Mischung die für mich sehr gut funktioniert.

Was ist dein nächstes Projekt?

Am meisten freue ich auf mein neues Atelier. Nach vielen Jahren aufwändiger, vergänglicher performativer Projekte konzentriere ich mich jetzt darauf, Objekte zu bauen, die aus performativen Arbeiten hervorgehen und Prozessspuren beinhalten. Wie verdinglicht man zeitgebundene Vorgänge? Eine große Herausforderung.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

Ein Freund hat irgendwann zu mir gesagt, ich sei Totemistin. Das stimmt, ich sammele pausenlos die verrücktesten Sachen. Im Augenblick mag ich am liebsten Zuckerwatte aus der Dose.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!