Aussteiger-WG-Film „Die Kommune“: Schöner wohnen mit Arte
Filme über WGs sind mittlerweile fast ein eigenes Genre. Arte zeigt nun einen aus Dänemark. Der lohnt sich – besonders wegen des Mobiliars.
WG-Filme sind quasi ein eigenes Genre. Angefangen mit „The Odd Couple“ aus dem Jahr 1968 mit Walter Matthau und Jack Lemmon, von dem es natürlich ein deutsches Remake gibt, über Heiner Lauterbach und Uwe Ochsenknecht 1985 in „Männer“. Es wäre problemlos möglich, diesen Text allein mit Titeln von WG-Filmen zu füllen.
Erwähnt sei auch noch Lukas Moodyssons exemplarische WG-Feelgood-Komödie „Zusammen!“ (2000): Stockholm in den 1970ern. Ein paar Liberale und Aussteiger finden sich zu einer WG zusammen. Die sich bald als vollkommen dysfunktional entpuppt. Namentlich die Sache mit der offenen Beziehung funktioniert natürlich nicht so, wie gedacht.
Und jetzt also, Mittwochabend auf Arte, der dänische Film „Die Kommune“: Kopenhagen in den 1970ern. Ein paar Liberale und Aussteiger finden sich zu einer WG zusammen. Fast möchte man meinen, der dänische Dogma-Pionier Thomas Vinterberg („Das Fest“) hätte ein Remake von „Zusammen!“ gedreht. Eine ganze Filmhälfte lang möchte man das meinen.
Herrlich diese Zusammenkünfte am überlangen Küchentisch, Tagesordnung, Punkt eins: „Wie geht es uns miteinander?“ Oder: „Moment. Erst müssen wir mal herausfinden, ob wir überhaupt weiter darüber diskutieren wollen. Wir stimmen jetzt ab darüber, ob wir abstimmen.“
Die Sache mit der freien Liebe
Ob sie abstimmen, ob Emma in die Kommune einziehen soll. Emma ist die junge Studentin und neue Liebe des Architekturdozenten Erik (Ulrich Thomsen), der die große Villa geerbt hat und der mit der Nachrichtensprecherin Anna (Trine Dyrholm) verheiratet ist, die die Idee hatte, in der großen Villa eine Kommune zu gründen. Ganz zeitgemäß findet sie, „dass Erik ein Recht darauf hat, seine Gefühle auszuleben.“
Wenn Erik und Emma miteinander schlafen, ist der Zuschauer nicht bei ihnen, sondern zusammen mit Anna im Nebenzimmer, die sich das anhören muss. Die immer unglücklicher wird. Und der anfangs komische Film wird immer tragischer, melodramatischer.
Thomas Vinterberg ist Jahrgang 1969 und „Die Kommune“ nicht die erste Abrechnung eines Regisseurs mit einer neue Freiheiten für sich beanspruchenden Elterngeneration. (Man denke an Oskar Roehler und seine Filme „Quellen des Lebens“ und „Tod den Hippies!! Es lebe der Punk“.)
Diese erstaunlich vielen schönen dänischen Filme und Serien sind ja nicht zuletzt deshalb so schön, weil sie so schön anzusehen sind. Weil die Wohnungen da immer – und immer heißt wirklich: immer – so schön eingerichtet sind. Man muss sich nur einmal anschauen, wie „Die Kommune“ so beleuchtet ist: Okay, Erik ist Architekt, und Jac Jacobsens selbsttragende Gelenkleuchten „Luxo L-1“ (oder ihre zahllosen Kopien) waren in den 1970er Jahren für Architekten wahrscheinlich wirklich alternativlos.
Ein Film wie ein Möbelkatalog
Für die Modelle „Kaiser Idell“ (Christian Dell), „PH 5“ (Poul Henningsen) und „Panthella“ (Verner Panton) gilt das indes nicht, zumindest außerhalb Dänemarks. Oder der – wunderschöne – „PK9“-Stuhl (Poul Kjærholm), den Erik da in seinem Dozentenzimmer stehen hat – und für den der Hersteller heute einen Preis von 5.173 Euro aufwärts aufruft. Wie mögen an dänischen Universitäten nur erst die Professorenbüros ausgestattet sein?
Auch das fällt auf: Der dänische Design-Connaisseur ist eingefleischter Nationalist. Von gestalterischem Multikulti hält er nichts. Eine italienische Muranoglasleuchte oder gar ein deutscher Bauhausstuhl kommt ihm nicht in seine Leistungsschau des guten – dänischen – Geschmacks. Apropos Bauhaus: Einen deutschen Film, in dem das gesamte Personal ausschließlich auf von Wilhelm Wagenfeld erhellten Stahlrohr-Freischwingern platznimmt, kann man sich nicht mal im Bauhaus-Jubiläumsjahr vorstellen. Will man auch gar nicht. Obwohl: Es sähe bestimmt sehr schön aus.
PS: Apropos Bauhaus: In Eriks Dozentenzimmer hängt doch tatsächlich ein großes Mies van der Rohe-Porträt über dem – wunderschönen – „PK9“-Stuhl. Also nicht Jacobsen oder Utzon. Vielleicht ist der Nationalismus-Vorwurf doch ein bisschen übertrieben.
„Die Kommune“, Mittwoch, 10. Juli, 20.15 Uhr, Arte
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