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Außerhalb des Schaumbads

■ Das HipHop-Quartett The Pharcyde mit Vielseitigkeit und Gags

Sie sind ein Glücksfall für den West-Coast-HipHop, auch wenn sich dort kaum einer für The Pharcyde interessiert. Nachdem sich Freestyle Fellowship auf lösten, Del, die Souls Of Mischief und andere Vertreter der kalifornischen True School keine Verträge bekommen, halten im Westen nur noch The Pharcyde – und vielleicht noch Digital Underground – Spaß, Vielseitigkeit und Bewußtseinserweiterungen hoch. Ansonsten hat man es sich dort im Schaumbad mit einem Glas Sekt und einigen Badenixen gemütlich gemacht, um die coole, endlose Party zu inszenieren, auf der die nächste medienwirksame Gewaltdarstellung besprochen wird.

Dessen ungeachtet halten The Pharcyde, die am kommenden Dienstag in der Markthalle auftreten, unermüdlich an dem Kurs der True School fest und beweisen, daß es in L.A. ein Leben neben dem G-Funk gibt, in dem sich Nerds, Spaßvögel und Quasselstrippen auslassen können, auch wenn ihnen kaum einer zuhört.

Wie schon auf ihrem Debut A Bizarre Ride II the Pharcyde, das auf buntem Vinyl eine Achterbahn der Stile und Sprachen aufführte, greift das Quartett auch auf Labcabincalifornia in die Vollen. Traf die erste bizarre Reise aber noch auf ein durch De La Soul,Dream Warriors et al. vorbereitetes Terrain, stehen dort allenfalls noch die Fugees herum, deren Live-Show ganz ähnlich sein soll.

Vielleicht ist es diese inzwischen einsame Rolle, die für die düsteren Zwischentöne auf Labcabincalifornia verantwortlich ist? Denn zwischen die stilsicheren Jazz-Samples von Canonball Adderly, Chet Baker und Roy Ayers, die – anders als im Jazz-Hop – von Beschimpfungen, Ringelreihen und dem Sprechen in Comic-Charakteren rückgebunden werden, tauchen gelegentlich nachdenkliche Passagen auf. „Everytime I step to the microphone, I put my soul on 2 reels, that I don't even own“, heißt es etwa in Devil Music, das die Beziehung zum Business, zur Entäußerung von Gedanken beschreibt.

Gleichwohl ist Labcabincalifornia ein vielseitiges Album voll kruder Ideen geblieben. Verspielt bis zum Überschwang halten The Pharcyde wohl auch live genug Überraschungen in der Hinterhand. Und holen dabei – auch das ein Glücksfall – Entertainment in den HipHop zurück.

Volker Marquardt

Mit Der Tobi & Das Bo: Di, 20. August, 21 Uhr, Markthalle

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