: Außer Rand und Band
■ Morgen startet die Blaue Karawane / Schon sicher: Tränen danach
“Wer fährt den LKW?“ – „Die Nesselbahnen müssen noch gewaschen werden!“ – „Hat jemand weißen Bootslack?“ – „Müssen wir Besteck selber mitbringen?“ Fragen schwirren durch den auf 36 Grad aufgeheizten Raum, alle sind ein wenig zappelig, dazwischen plötzliche Ausbrüche von unbändigem Frohsinn und schallender Heiterkeit: Am Freitag war letzte Vollversammlung der „Blauen Karawane“ vor der Abreise.
Mittwoch geht's mit dem Bus nach Leipzig, wo die Zelte der ersten „Karawanserei“ schon aufgeschlagen sind. 50 haben sich im Cafe Blau in Walle getroffen, unterwegs auf dem Treck zwischen Leipzig und Bremen werden es 70 sein, und es wird der große Ausbruch aus dem Alltag sein, der sie alle verbindet. Ein Zug von schrägen Vögeln der Sehnsucht auf der anachronistischen Suche nach Glück, immer dem blauen Kamel nach.
Das 12 Meter lange, schwimmfähige Trampeltier namens Wüna (von „Wüstennarrenschiff“) aus Holz und blauem Teddyfell wird die Menschen in Leipzig, Torgau, Wittenberg, Magdeburg, Wolfsburg, Hannover und Minden anrühren und auf die Verrückten aus Bremen hinweisen, die fast drei Wochen lang auf den Marktplätzen tanzen und öffentlich tafeln wollen. ProfikünstlerInnen wie Lauter Blech und theatre du pain werden die LebenskünstlerInnen auf Zeit unterstützen; daß es einfach wunderbar werden wird, da sind sich die meisten sicher. Manche TeilnehmerInnen machen sich schon jetzt Gedanken über die vielen Tränen danach, wenn es vorüber sein wird.
Neben KünstlerInnen und OrganisatorInnen fährt eine starke Fraktion Ottersberger KunsttherapiestudentInnen mit, ebenfalls eine größere Zahl „Betreuter“ aus dem Umkreis der Initiative zur sozialen Rehabilitation und Vorbeugung psychischer Erkrankungen e.V. und des Blaumeier-Ateliers, daneben das Blaumeier-Theater mit seinem Stück „Fast Faust“ und einzelne GlückssucherInnen. Besteck muß übrigens mitgebracht werden, auch eine Isomatte, und (blaues?) Badezeug empfiehlt sich.
Pannen gehören zu jeder Karawane, mit dieser läßt sich leben: Die Elbe führt wegen der Trockenheit mit 80 cm zu wenig Wasser, so daß bis Magdeburg nur „Wüna“ übers Wasser zieht. Der Rest der Karawane nimmt den Bus. Ab Mittellandkanal stimmt dann aber der Pegel, so daß die Karawane am 28.August mittags sicherlich triumphal und auf Schiffen in Bremen einziehen wird.
BuS
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